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Christian Lindner
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Frage von Sebastian M. •

Frage an Christian Lindner von Sebastian M. bezüglich Gesundheit

Lieber Herr Lindner,

gestern Abend habe ich Ihren Auftritt bei Maybritt Illner mitverfolgt.
Vorneweg: Prinzipiell schätze ich Ihre kritische, hinterfragende Argumentationsweise und Ihre guten rhetorischen Fähigkeiten. Gerade in Zeiten wie diesen ist es wichtig, dass nicht alle gleich denken und es ist insbesondere die Aufgabe der Opposition, die weitreichenden Einschränkungen durch die Regierung zur Bekämpfung der Corona-Pandemie zu hinterfragen.
Aber gerade deswegen war ich über Ihre Stellungnahme (Quelle: https://www.zdf.de/politik/maybrit-illner/die-politik-macht-auf-die-unsicherheit-bleibt-sendung-vom-30-april-2020-100.html, ab Minute 35:45) zu den von Herr Prof. Drosten in seinem Podcast (den ich regelmäßig und vollständig verfolge) geteilten neuesten Erkenntnissen zur Ansteckungsgefahr bei Kindern zutiefst enttäuscht. Es wirkte so, als hätten Sie nicht die vollständige Podcast-Quelle (https://www.ndr.de/nachrichten/info/37-Noch-mal-Thema-Kinder-Zwei-neue-Studien,podcastcoronavirus202.html) gelesen/gehört sondern Ihre Meinung nur basierend auf einem BILD-Artikel (Quelle: https://www.bild.de/politik/inland/politik-inland/coronakrise-weil-er-staendig-seine-meinung-aendert-merkel-motzt-ueber-drosten-70376072.bild.html) dazu gegründet. Diesen Artikel habe ich ebenfalls vollständig gelesen, jedoch mit großem Unbehagen, da er die Dinge völlig falsch darstellt.
In Wirklichkeit hat Herr Prof. Drosten Folgendes gesagt: laut eigenen, neuesten Erkenntnissen sind Kinder gleich infektiös wie Erwachsene (gleich viel Virus im Rachen). Eine im Journal "Science" veröffentlichte Studie sagte zudem aus, dass Kinder aber nur 1/3 so anfällig dafür sind, wenn sie einer Virusbelastung ausgesetzt sind, sich damit auch tatsächlich anzustecken. Diese Erkenntnisse widersprechen einander nicht, sondern sind Hand in Hand zu betrachten. [https://www.ndr.de/nachrichten/info/37-Noch-mal-Thema-Kinder-Zwei-neue-Studien,podcastcoronavirus202.html]
Ich bin selbst Wissenschaftler und habe gerade eine fünfjährige Promotion abschlossen und habe höchste Achtung vor Prof. Drosten, dass er Erkenntnisse so anschaulich teilt. Er weist immer auf den inhärent uneindeutigen Charakter der Wissenschaft hin und verhält sich stets höchst integer. Er hat alleine 2020 an über 30 Publikationen zum SARS-CoV2-Virus mitgewirkt (siehe z.B. https://scholar.google.de/scholar?as_ylo=2020&q=%22christian+drosten%22&hl=de&as_sdt=0,5). Ich bin sehr dankbar, dass einer der renommiertesten Wissenschaftler auf dem Gebiet weltweit so viel Wissen teilt und damit dazu beiträgt, dass wir die Krise im Vergleich zu anderen Ländern so gut meistern (bisher!).
Meine Frage: Denken Sie, dass es angemessen und der Sache förderlich ist, Herrn Prof. Drosten (bzw. die Wissenschaft insgesamt) basierend auf schnellem BILD-Halbwissen derart zu diffamieren? Sie setzen sich als FDP doch für Bildung und Wissenschaft ein, warum fallen Sie ihr an dieser Stelle derart in den Rücken? Sie wissen doch, dass die Politiker mit ihren Meinungsäußerungen großen Einfluss auf das Verhalten der Mitbürger haben.
Ich würde mich freuen, wenn Sie mir dies erklären können, damit ich meine ehemals positive Meinung von Ihnen wieder revidieren kann und Ihnen als wichtiger oppositioneller Stimme auf der Suche nach den richtigen politischen Lösungen auch wieder zustimmen kann.

Freundliche Grüße,
Sebastian Meinicke

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Lieber Herr Meinicke,

haben Sie vielen Dank für Ihre Nachricht.

Ich habe niemanden diffamiert. Ich habe lediglich auf die öffentliche Wahrnehmung auf der Basis von Medienberichten hingewiesen.

Das Coronavirus war und ist für uns alle neu - auch für die Wissenschaft. Neue Erkenntnisse und Wendungen sind bei der Erforschung der Krankheit vollkommen nachvollziehbar - offene und kontroverse Diskussionen zwischen Wissenschaftlern sind deshalb richtig und auch notwendig.

Es gibt allerdings einen Unterschied zwischen dem dezentralen wissenschaftlichen Erkenntnisprozess in der Literatur und der wissenschaftlichen Politikberatung. Auch nur scheinbare Widersprüche können hier für Verunsicherung sorgen und in der Bevölkerung eine Meinung und Erwartungshaltung hervorrufen, auf die die Politik reagieren muss. Gemeinsame Stellungnahmen wären daher sinnvoll und entsprächen auch der ständigen Praxis - denken Sie beispielsweise an den „Sachverständigenrat zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung“. Diese Methode sollten wir auch auf die aktuelle Krise anwenden, um Missverständnissen vorzubeugen und die öffentliche Debatte über Risiken und Öffnungsperspektiven ordnen zu können.

Freundliche Grüße
Christian Lindner

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