Frage an Christian Lindner von Blaise Francis E. bezüglich Öffentliche Finanzen, Steuern und Abgaben
Lieber Herr Lindner,
nach dem Gesetze zur Einführung einer Pflicht zur Mitteilung grenzüberschreitender Steuergestaltungen gilt ab 2021 eine neue Beschränkung der Verlustverrechnung auf 10.000 € pro Veranlagungszeitraum bei Termingeschäften nach § 20 Abs. 6 S. 5 und 6 EStG, während die Gewinne aus Termingeschäften aus dem selben Veranlagungszeitraum der vollen Besteuerung unterliegen. Die durch den Bundestag und Bundesrat beschlossene Regelung führt im schlimmsten Fall dazu, dass die Steuern gezahlt werden müssen, obwohl faktisch ein Verlust vorliegt. Einen zusammenfassenden Beitrag zu dem Thema finden Sie auf der Seite von NTV unter dem folgenden Link:
Einen Beitrag aus der steuerrechtlichen Fachliteratur finden Sie hierzu in der Fachzeitschrift Deutschtes Steuerrecht (DStR 2020, Seite 81) mit dem Titel: "Die neue Beschränkung der Verlustverrechnung nach § 20 Abs. 6 S. 5 und 6 EStG – Schlimmer geht immer!"
In dem Fachbeitrag heißt es u.a.:
"Nachdem der Deutsche Bundestag die im Regierungsentwurf des sog. „JStG 20191“ vorgesehenen Regelungen zur Beschränkung der Verrechnung von Verlusten aus dem Verfall von Optionen und wertlosen Anlageinstrumenten (§ 20 Abs. 2 S. 1 Nr. 3 Buchst. a und Abs. 2 S. 3 EStG) – unter anderem auf Grund der Ablehnung durch den Bundesrat – nicht übernommen hat3, wurde von den Koalitionsparteien im Rahmen der Beratungen des „Entwurfs eines Gesetzes zur Einführung einer Pflicht zur Mitteilung grenzüberschreitender Steuergestaltungen“ ein neuer Vorschlag für eine Beschränkung der Verlustverrechnung bei Termingeschäften und dem Verfall wertloser Anlageinstrumente in § 20 Abs. 6 S. 5 und 6 EStG-neu mit Wirkung zum 1.1.2020/1.1.2021 eingebracht4 und ohne weitergehende Diskussion von Bundestag und Bundesrat verabschiedet. Im Anschluss an den Beitrag der Autoren in DStR 2019, 1239 wird ein Überblick über die neue Vorschrift gegeben und aufgezeigt, dass eine sachgrundlose Begrenzung der Verlustberücksichtigung den gleichen verfassungsrechtlichen Bedenken wie die ursprünglich vorgesehene Einschränkung des Veräußerungsbegriffes ausgesetzt ist."
Wie stehen Sie zu dem nunmehr ab 2021 geltenden Gesetz und was werden Sie und die FDP in dieser Hinsicht unternehmen?
Lieber Herr El Mourabit,
haben Sie vielen Dank für Ihre Frage sowie den Hinweis auf den Artikel und die Fachliteratur zu dieser Thematik.
Die Große Koalition hat diese Gesetzesänderung in einer Nacht-und-Nebel-Aktion kurz vor Weihnachten durchgesetzt. Diese Änderung führt zu einem deutlichen Nachteil für zahlreiche Anleger - während die Akteure, die tatsächlich in großem Stil spekulativ anlegen können (Banken, Hedgefonds etc.), gerade ausgenommen sind. Für uns Freie Demokraten ist das nicht hinnehmbar: Es kann nicht sein, dass einerseits alle Gewinne besteuert werden, aber andererseits Verluste nicht richtig berücksichtigt oder auf Sankt Nimmerlein verschoben werden. Gerade der Einsatz von Optionen kann eine sinnvolle Strategie zur Absicherung eines Depots auch für Privat- und Kleinanleger sein. Wenn sich das Depot dann in die erhoffte Richtung entwickelt, ist es logisch, dass die entgegengesetzte Absicherung verfällt. Es sind sogar Konstellationen denkbar, in denen die zu zahlende Steuer die Höhe der Gewinne übersteigt, da Verluste nicht mehr gegengerechnet werden können. Diese steuerliche Behandlung verstößt nach unserer Ansicht gegen die Grundsätze der Gleichbehandlung, der Steuersystematik und der Leistungsfähigkeit. Ebenso wurden mit der Gesetzesänderung eine Reihe von BFH-Urteilen ausgehebelt.
Wenn die SPD ihr Heil in der Abkassierung und Gängelung von Kleinsparern und Vorsorgebetreibenden sieht, wird sie mit dem Widerstand der FDP rechnen müssen. Dass die Union solche Vorhaben mitträgt, zeigt einmal mehr, wie ernst es ihr mit der Entlastung der arbeitenden Mitte wirklich ist...
Unsere Ablehnung der Gesetzesänderung bzgl. der Nichtberücksichtigung von Kapitalverlusten haben wir in Form eines Entschließungsantrages im Finanzausschuss eingebracht, dieser wurde jedoch leider von den Regierungsfraktionen abgelehnt. Daneben haben wir mit "Sparer schützen, Vermögensaufbau und Altersvorsorge fördern" (http://dip21.bundestag.de/dip21/btd/19/167/1916794.pdf) bereits einen Antrag in den Bundestag eingebracht, um diese Neuregelung unverzüglich abzuschaffen. Ich versichere Ihnen: Wir werden auch künftig dieses Thema parlamentarisch auf die Agenda setzen.
Mit freundlichen Grüßen
Christian Lindner