Frage an Christian Lindner von Ludwig A. bezüglich Kultur
Sehr geehrter Herr Lindner,
In einer Reportage der „Zeit“ über Sie bin ich vor kurzem über den Satz gestolpert, Sie würden zur Vorbereitung auf Ihre damalige Jagdprüfung den „Waldgang“ von Ernst Jünger lesen. Das hat mich zunächst verwundert, da ich von einem FDP Politiker nicht erwartet hätte, sich mit den Autoren der „Konservativen Revolution“ auseinanderzusetzen - aber anscheinend sind Sie ein durchaus spannender Mensch. Ich hätte nun folgende Fragen:
a) Welche Bedeutung hat Ernst Jünger und sein Werk - insbesondere der „Waldgang“ - für Sie?
b) Glauben Sie, Ernst Jüngers Vorstellungen eines soldatisch-heroischen Ethos, sein Hang zum Ästhetizismus und seine aristokratische Distanz zur „Massengesellschaft“, zum Pazifismus, zum Materialismus inklusive einer überbordenden Technisierung der Welt und zur „gleichheitsfixierten Moderne“, lassen sich auch für liberale Denker fruchtbar machen?
c) Betrachtet man das große Ganze, was kritisieren Sie an der Moderne (verstanden als gesellschaftliche Umwälzung durch industrielle Revolution, Aufklärung, Säkularisierung und Nihilismus; heute vielleicht auch Digitalisierung und Automatisierung)?
d) Glauben Sie, das Zugeständnis von Freiheit ist es, das den Menschen über sich hinauswachsen lässt, das ihn in einem gewissen Sinne „schön“ macht und zur „Erhöhung der Menschheit“ an sich beiträgt? Oder ist dieser Aspekt nicht so wichtig, weil z.B. Ihr Ziel in etwas anderem besteht?
e) Welche Bedeutung hat das Nationale für Sie? Ist es möglich, als liberaler Patriot zu sein? Welche Art von Patriotismus ist förderlich?
f) Haben Sie sich mit weiteren Autoren der „Konservativen Revolution“ beschäftigt? Genannt sei hier z.B. Carl Schmitt, Martin Heidegger und ganz entfernt auch Friedrich Nietzsche (bei dem es allerdings eine Kunst ist, nicht über ihn zu stolpern)?
Ich würde mich sehr über eine Antwort freuen. Den Link zum Interview findet sich hier:
https://www.zeit.de/2018/37/christian-lindner-fdp-erfolg-liberalismus-ziele
Sehr geehrter Herr A.,
besten Dank für Ihr Interesse.
Ja, auf Jünger habe ich exemplarisch verwiesen, um auf die besondere Einstellung zum Wald in der Literatur hinzuweisen. In seinem Buch geht es allerdings nur sehr am Rande um den Wald, wie Sie sicher wissen. Für eine vertiefte Auseinandersetzung mit seinem Werk und den anderen Autoren ist hier aber nicht der Raum. Ich hoffe auf Ihr Verständnis. Dass ich als liberaler Politiker eine kritische Distanz zu manchem Gedanken habe („Übermensch“), versteht sich von selbst.
Mit freundlichen Grüßen
Christian Lindner