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Christian Lindner
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Frage von Louis S. •

Frage an Christian Lindner von Louis S. bezüglich Finanzen

Sehr geehrter Herr Lindner,

Wie stehen Sie bzw. die FDP dazu, dass alle Steuerzahler die hohen Gehälter von katholischen Bischöfen, von evangelischen Landesbischöfen und weiteren Klerikern aus der höheren Kirchenhierarchie bezahlen müssen? Das geht ja noch auf Vereinbarungen von 1803 zurück. Auch werden z.B. viele kirchliche Kindergärten nur zu einem geringen Prozentsatz direkt aus Kirchensteuern finanziert und trotzdem kann dort oft die Kirche zu 100% ihre Personalpolitik durchsetzen. Das waren ja nur zwei Beispiele für staatliche "Kirchensubventionen". Laut dieser Quelle (https://stop-kirchensubventionen.de/) sollen es jährlich ca. 20,6 Milliarden Euro sein. Ist das noch zeitgemäß oder reformbedürftig? Sollte Deutschland nicht ein säkularer Staat sein?

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Antwort von
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Sehr geehrter Herr S.,

haben Sie vielen Dank für Ihre Nachricht.

Freie Religionsausübung muss in Deutschland vollständig gewahrt bleiben, solange sie sich am Grundgesetz orientiert. Die Religionsfreiheit ist dort in Art. 4 festgeschrieben - als säkulare Verfassung heißt es in Art. 140 aber eben auch: "Es besteht keine Staatskirche."

Genauso gibt es in der Frage der sogenannten Staatsleistungen zwei Seiten der Medaille:

Das Verhältnis zwischen Staat, Kirche und Bürger ist in Deutschland historisch gewachsen. Die Kirche fördert in vielen Teilen der Gesellschaft das Gemeinwohl und Zusammenleben und unterstützt somit eine grundlegende Aufgabe des Staates. Selbst wenn sie dabei nicht den größten Teil der Kosten trägt, übernimmt sie koordinative Aufgaben und setzt Impulse. Davon profitieren zunächst einmal viele Bürger, auch wenn sie selbst keiner Kirche angehören.

Dennoch muss man über einige Leistungen sprechen. Die Vereinbarung, auf die Sie sich beziehen, ist der sogenannte Reichsdeputationshauptschluss von 1803, in der Staatsleistungen vereinbart wurden. Seit rund 100 Jahren besteht allerdings ein verfassungsrechtlicher Auftrag, diese Staatsleistungen abzulösen. Das heißt: Der Gesetzgeber hat bereits vor über 100 Jahren in der Verfassung festgeschrieben und vor 70 Jahren mit der Übernahme der entsprechenden Verpflichtung in das Grundgesetz erneut bekräftigt, dass diese Leistungen ein Ende finden müssen. Bei diesen Staatsleistungen handelt es sich um Leistungsverpflichtungen, die auf besonderen Rechtstiteln bzw. Gesetzen oder Verträgen beruhen. Die Staatsleistungen sind nur im historischen Kontext zu verstehen. Es sind Zahlungen an die Kirchen in Deutschland, die in den Bundesländern teils unterschiedliche historische Ursachen haben.

Dieser Verfassungsauftrag muss endlich erfüllt werden. Dabei ist es uns besonders wichtig, dies nicht ohne die Kirchen, sondern nur im Dialog und auf Augenhöhe mit allen betroffenen Religionsgemeinschaften zu machen. Viele unserer Abgeordneten haben auch von dieser Seite viel positive Resonanz und den Willen zur Unterstützung dieses Vorhabens erhalten. Für die Kirche bedeutet eine Ablösung der Staatsleistungen im Übrigen einen enormen Gewinn an Freiheit und Unabhängigkeit von staatlicher Finanzierung.

Mit freundlichen Grüßen
Christian Lindner

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