Frage an Christian Lindner von Luca N. bezüglich Gesundheit
Sehr geehrter Herr Lindner,
Meine Frage richtet sich zu Thema Organspende, und Widerspruchslösung. In der von Ihnen am 19. Juni 2019 verfassten Nachricht an mich, sprachen Sie ihre Bedenken dazu aus, dass es immer weniger Organspender gibt, und trotzdem erklärten Sie, dass Sie sich persönlich gegen die Einführung der Widerspruchslösung in Deutschland sind, da Sie es für einen Deformation der Selbstbestimmung halten, was ich durchaus nachvollziehen kann. Jedoch sagten Sie, der Gesetzgeber müsse handeln und stellten zum Beispiel ein Update des Transplantationsgesetzes, oder eine Anpassung der Organisationsstrukturen in Kliniken in den Raum.
Dazu hätte ich ein paar Fragen. Was hat sich denn bisher überhaupt getan, und was genau stellen sie sich unter den oben genannten Punkten vor? Wie genau sollte dieses veränderte Transplantationsgesetz aussehen? Außerdem würde mich interessieren, warum man die Entscheidung zur Organspende nicht obligatorisch macht, zum Beispiel als Pflichtfeld bei Krankenkassen?
Beste Grüße
L. N.
Sehr geehrter Herr N.,
haben Sie vielen Dank für Ihre Fragen.
Erfahrungen aus Spanien und Dänemark - Länder, die als Musterbeispiele für eine gelungene Organspendepraxis gelten - zeigen, dass eine Widerspruchslösung kein entscheidender Faktor für eine hohe Spenderanzahl ist. Vielmehr sind es die effektive Identifikation der erklärten Spender in den Kliniken und die tatsächliche Durchführung der Entnahme. Deshalb liegt dort auch unser Fokus als Freie Demokraten.
Im Rahmen des zum 1. April 2019 in Kraft getretenen Gesetzes für bessere Zusammenarbeit und bessere Strukturen bei der Organspende sind zentrale, auch von der Deutschen Stiftung Organtransplantation e.V. für notwendig gehaltene, umfassende strukturelle Neuerungen auf den Weg gebracht worden. Vor allem die Stärkung der Transplantationsbeauftragten bildete hier einen Hauptaspekt. Die genauen Änderungen sind unter https://www.bundesgesundheitsministerium.de/gzso.html einsehbar.
Weiterhin beabsichtigen die beiden nun vorliegenden Gesetzentwürfe zur Organspende unabhängig von der Frage der Widerspruchslösung ein zentrales, digitales Organspenderregister, das eine Erfassung und Identifikation potenzieller Spender enorm erleichtert. Das halten auch wir für sinnvoll.
Das allein wird das Problem aber nicht lösen. Als FDP-Bundestagsfraktion haben wir deshalb beispielsweise die Liberalisierung der Organlebendspende in Form einer Überkreuzspende gefordert. Diese wird in Ländern wie Spanien sehr erfolgreich durchgeführt. Gegenwärtig sind Menschen aus Deutschland gezwungen, hierfür ins Ausland zu fahren und darüber hinaus die Kosten komplett selbst zu tragen. Außerdem muss die generelle Subsidiarität der Lebendspende abgeschafft werden. Diese besagt, dass ein Patient auf der Warteliste selbst dann auf ein postmortal gespendetes Organ warten muss, wenn es eigentlich jemanden gäbe, der ihm oder ihr aus altruistischen Gründen zum Beispiel eine Niere spenden möchte. Entsprechende Änderungen im Transplantationsgesetz wären hierfür die Voraussetzung.
Zur Frage der Widerspruchslösung: Ihren Vorschlag einer verpflichtenden Abfrage der Spendebereitschaft entspricht genau meiner Position. Unser Vorschlag wäre, dass bei bestimmten Behördengängen, zum Beispiel bei der Beantragung eines Personalausweises, eine Entscheidung verlangt wird. Das wäre sehr effektiv und gleichzeitig verhältnismäßig. Dann ist eine Widerspruchslösung nicht mehr notwendig, die ich aus prinzipiellen Gründen nach wie vor ablehne: Das wäre eine Deformation der Selbstbestimmung.
Zu diesem Thema spreche ich übrigens auch in der aktuellen Folge meines Podcasts "Ein Thema, zwei Farben." mit Bundesgesundheitsminister Jens Spahn. Schauen Sie doch einmal rein: https://www.youtube.com/watch?v=M2mfejdlJAE
Alles Gute und beste Grüße
Christian Lindner