Frage an Christian Lindner von Hubert Z. bezüglich Recht
Sehr geehrter Herr Lindner,
die DSO "..sorgt dafür, dass alle notwendigen medizinischen und organisatorischen Schritte vollzogen werden, damit Organe entnommen,.. werden können." https://www.dso.de/.
Wie kann es bei der Bedeutungsschwere dieser Aufgabe sein, daß eine gemeinnützige Stiftung bürgerlichen Rechts (DSO) tätig ist und nicht der Staat selbst?
Die DSO hat in einem Instanzenprozess (LG, OLG, BGH) eine Tageszeitung und eine Journalistin auf Unterlassung der Veröffentlichung eines Artikels über eine Organentnahme verklagt https://dejure.org/dienste/vernetzung/rechtsprechung?Gericht=BGH&Datum=12.04.2016&Aktenzeichen=VI%20ZR%20505%2F14 .
Auszug aus den beanstandeten Textpassagen:
"(...) Die Herausnahme der Organe (...) sollte beginnen. Der junge Kollege, der die hierfür nötigen Formalitäten überprüfen musste, war damals noch nicht lange Mitarbeiter der Deutschen Stiftung Organtransplantation (...). Aber das kleine Einmaleins der Hirntoddiagnostik (...) kannte er. Er wurde stutzig. Es fehlte nicht bloß irgendeine Unterschrift. Es fehlte das komplette zweite ärztliche Protokoll, jenes Dokument also, das hätte bestätigen müssen, dass bei dem Mann (...) der zweifelsfreie, vollständige und unwiederbringliche Ausfall sämtlicher Hirnfunktionen nicht bloß ein einziges Mal diagnostiziert worden war. Sondern dass der Hirntod nach einem gewissen zeitlichen Abstand erneut und von einem zweiten Mediziner nachgewiesen worden war, ...Wie weit [K.s] Macht reicht, macht der weitere Verlauf des Düsseldorfer Hirntod-Dramas deutlich: Eine Mitarbeiterin aus dem nordrheinwestfälischen DSO-Team, die sich für eine Klärung des Falls starkgemacht hatte, bekam die fristlose Kündigung zugestellt - per Bote um Mitternacht..."
Der Mann wurde explantiert.
Der BGH hat die Klage abgewiesen. https://openjur.de/u/889287.html
Besteht eine zwingende Notwendigkeit, dass System "Organspende" gänzlich neu aufzusetzen und ein Moratorium bei der Organentnahme bis zu dessen Neustart zu erlassen?
Sehr geehrter Herr Z.,
haben Sie vielen Dank für Ihre Fragen.
Die Notwendigkeit einer Überführung der DSO in eine andere Rechtsform sehen wir nicht. Dieser Vorschlag wurde bereits 2013 geäußert und auch in einer öffentlichen Anhörung des Gesundheitsausschusses des Bundestages diskutiert. Die überwiegende Mehrheit der Sachverständigen hat sich damals gegen eine Verstaatlichung der DSO ausgesprochen: So garantiere die Zusammensetzung des Stiftungsrates mit einer Beteiligung von Bund und Ländern die unmittelbare Einbeziehung der sonst nur im Aufsichtsrecht tätigen Institutionen.
Um Konsequenzen aus den Manipulationen in deutschen Transplantationskliniken zu ziehen, haben wir deshalb gemeinsam mit allen anderen Fraktionen 2013 einen interfraktionellen Antrag (http://dip21.bundestag.de/dip21/btd/17/138/1713897.pdf) im Bundestag verabschiedet, der das System der Organtransplantationen in Deutschland nachhaltig stärken sollte. Klar ist, dass Versäumnisse, Fehler und erst recht Manipulationen streng geahndet werden müssen, damit die Menschen Vertrauen in Organtransplantationen und die daran beteiligten Akteure haben.
Ein Moratorium bei der Organentnahme lehnen wir ab, denn Organspenden retten Leben. Eine Organtransplantation ist für viele schwerkranke Menschen schließlich die einzige Möglichkeit, am Leben zu bleiben oder ein schweres Leiden zu lindern. Deshalb setze ich mich für einen Gesetzentwurf (http://dipbt.bundestag.de/dip21/btd/19/110/1911087.pdf) ein, der die Stärkung der Entscheidungsbereitschaft bei der Organspende zum Ziel hat. Mit den darin vorgesehenen Regelungen sollen die Voraussetzungen dafür geschaffen werden, dass sich mehr Menschen mit der Frage der Organspende auseinandersetzen und eine informierte Entscheidung treffen können. Auch soll es möglich sein, die getroffene Entscheidung möglichst einfach zu dokumentieren sowie jederzeit zu ändern oder zu widerrufen.
Mit freundlichen Grüßen
Christian Lindner