Frage an Christian Lindner von Rolf C. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen
Sehr geehrter Herr Lindner,
derzeit beunruhigt ein spezielles Thema die Bürger wieder in ganz besonderem Maße, weil es heimlich, still und leise hinter ihrem Rücken von den politisch Verantwortlichen zur Entscheidungsreife gebracht worden ist. Ohne die Menschen wegen seiner gewaltigen Tragweite offen und ehrlich darüber zu informieren. Es geht um den sogenannten "Globalen Pakt für Migration", der am 10. Dezember d. J. in Marrakesch zur Unterzeichnung ansteht.
Was hat es damit konkret auf sich? Man muss nicht Anhänger rechtspopulistischer Parteien sein, um berechtigte Sorgen und große Einwände dagegen vorbringen zu können. Viele erst zu nehmende Historiker und Völkerrechtler sind der Meinung, dass dies über das Gewohnheitsrecht früher oder später zur Vorstufe eines dann verbindlichen Rechtes werde, das den Nationen die souveräne Entscheidungsbefugnis in allen Fragen der Migration im eigenen Lahd nehme. Wo gehen die neuen Bestimmungen für Migranten und Aufnahmeländer gleichermaßen über die jetzt schon vorhandenen - und allem Anschein nach wohl auch noch ausreichenden - Regelungen hinaus? Dass die Länder der Dritten Welt dem Pakt gerne zustimmen, dürfte klar auf der Hand liegen. Die großen Migrationsbewegungen der Zukunft werden mit Sicherheit nicht in ihre Richtung erfolgen! Und warum findet darüber keine öffentliche Diskussion und Abstimmung in den dafür zuständigen staatlichen Parlamenten statt? Mit welchen überzeugenden Argumenten können Sie mir und Millionen von Mitbürgern diese Befürchtungen nehmen?
Besten Dank im Voraus für Ihre Bemühungen.
Mit freundlichen Grüßen
Ihr R. C.
Sehr geehrter Herr Cadenbach,
haben Sie vielen Dank für Ihre Nachricht.
Der aktuelle Unmut gegenüber dem Migrationspakt in Deutschland ist verständlich, denn die Bundesregierung hat es sträflich versäumt, offen und transparent über den Migrationspakt zu informieren und dessen Punkte richtig einzuordnen. Das ist Kommunikationsversagen, dem nun viel zu spät entgegengesteuert wird. Deshalb sollte man den Migrationspakt als solchen aber nicht diskreditieren. Natürlich muss jeder Staat, der diesen Pakt unterschreibt, auch den Anspruch haben, ihn umzusetzen - und das ist auch gut so. Denn der Migrationspakt fordert weder ein Menschenrecht auf Migration, wie es seine Gegner gerne kolportieren, noch verpflichtet er Deutschland, alle Einwanderung ungehemmt zuzulassen.
Der Migrationspakt verfolgt erst einmal das Ziel, Migration weltweit zu regeln. Er soll also vor allem gegen irreguläre Migration vorgehen, die uns auch hier in Europa besonders zu schaffen macht. Die meisten Anforderungen, die er dafür stellt, erfüllt Deutschland schon längst! Der Pakt zielt nämlich nicht auf Regionen wie Europa oder Nordamerika, wo längst Menschenrechtsstandards und internationales Völkerrecht eingehalten und die Rechte der Migranten gewahrt werden. Der Pakt will etwas in den vielen Ländern der Welt verändern - insbesondere in Afrika und Asien - die diese Standards eben noch nicht implementiert haben. Es ist ja kein Zufall, dass Flüchtlinge und Migranten gerade in Richtung Europa strömen, wenn in den Nachbarländern Menschenrechte und Flüchtlingsrechte nicht bestehen bzw. nicht eingehalten werden. Dort will der Pakt ansetzen und damit Grundrechte auch außerhalb der westlichen Demokratien stärken. Das kann nur in unserem ureigenen, nationalen wie europäischen Interesse sein. Denn wo Migranten in ihren Heimat- bzw. Nachbarregionen Perspektiven und Rechtssicherheit geboten werden, nimmt auch der Migrationsdruck auf Europa ab. Es gilt also auch hier zu differenzieren und vor allem zu sehen, wer der eigentliche Adressat des Migrationspaktes ist.
In der Ordnungspolitik stellt der Pakt keine umfassende Lösung dar. Hierzu hat die Fraktion der Freien Demokraten einen detaillierten Antrag in den Deutschen Bundestag eingebracht, den Sie hier finden: http://dip21.bundestag.de/dip21/btd/19/055/1905534.pdf
Mit freundlichen Grüßen
Christian Lindner