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Christian Lindner
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Frage von Sylvia E. •

Frage an Christian Lindner von Sylvia E. bezüglich Familie

Sehr geehrter Herr Lindner,

Wie positionieren Sie sich zum Paragraphen 1666 BGB - Gefährdung des Kindeswohls, dies eingedenk der Tatsache, das die Anzahl der Inobhutnahmen bzw. entfremdeten Elternteile in den letzten Jahren stark zugenommen hat. Dies aufgrund aktueller Untersuchungen (PASG u.a.) namhafter Wissenschaftler hinsichtlich der Folgeschäden für die involvierten Erwachsenen und ganz explizit für die im Mittelpunkt des Konfliktes stehenden Kinder, die zu oft physisch, psychisch und/oder materiell instrumentalisiert werden. Wer trägt die Folgekosten?
Ich gebe zu bedenken, dass Kinder unsere Zukunft sind und es zu oft Konflikte gibt, in denen die Fronten zu verhärtet sind, dass es zu Überreaktionen kommt, die nur durch speziell ausgebildete neutrale Fachkräfte objektiv beurteilt werden können. Unzählige Fallbeispiele der letzten Jahre belegen den Trend, das viele offizielle Stellen maßlos mit der Sachlage auch aus zeitlichen Gründen überfordert sind. Zudem wird oft mit zweierlei Maß gerechnet, was aktuelle wissenschaftliche Studien - u.a. aus rechtspsychologischer Sicht - sowie diverse Dokumentationen belegen. Ein klassisches Theorie- und Praxisgefälle. Um so mehr, wenn die Gerichte überfordert sind und das Damoklesschwert des Paragraphen 339 StGB über den Köpfen schwebt. Wie sieht Ihr Lösungsansatz dazu aus? Rein formal, gern auch unter Berücksichtigung des Doppelresidenzmodells. Was wird aus schwer traumatisierten Kinder?? Was sind die gesellschaftlichen Auswirkungen? Systemisch betrachtet...

Mit freundlichen Grüßen
S. E.
Autorin und Mitbegründerin der Juno Bewegung

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Antwort von
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Sehr geehrte Frau E.,

haben Sie vielen Dank für Ihre Nachricht.

Kinder brauchen ihre eigenen Eltern. Inobhutnahmen sollten daher nur in schwerwiegenden Fällen und als letzte Konsequenz angewendet werden. Vorrang vor Inobhutnahmen müssen die Hilfen zur Erziehung haben. Und diese sollten auch genau das sein: Maßnahmen, damit Eltern ihrer Verantwortung für das eigene Kind gerecht werden können. Es ist ein wichtiges Anliegen für uns Freie Demokraten, dass Eltern wirksam unterstützt werden. Dabei ist wichtig, dass die Maßnahmen nachvollziehbar und zusammen mit den Eltern vereinbart werden. Willkür darf es in einem Rechtsstaat nicht geben. In der kommenden Legislaturperiode werden wir Freie Demokraten daher in diesem Sinne die aktuelle Gesetzgebung auf den Prüfstand stellen. Es braucht aber nicht nur die richtigen Gesetze, die Jugendämter und Familiengerichte müssen auch selbst sicherstellen, dass sie stets im Sinne und zum Wohle der Familien arbeiten. Dazu zählt auch ein wirksames und gutes Beschwerdemanagement in den Kommunen.

Damit Kinder nicht den Zugang zu einem Elternteil verlieren (und damit oftmals mittelbar auch zu vielen weiteren Verwandten wie Großeltern) wollen wir Freie Demokraten das Wechselmodell als Modell zur Regelung der Betreuung minderjähriger Kinder nach Trennung und Scheidung der Eltern zum Regelfall machen. Falls die Eltern sich bei einer Trennung nicht über den gewöhnlichen Aufenthalt ihrer Kinder einigen können, so entscheidet ein Familiengericht. Wir sind der Ansicht, dass das Wechselmodell dem Kindeswohl besser Rechnung trägt und wollen daher, dass die Gerichte dieses künftig als Regelmodell anwenden. Zukünftig ist im Streitfall durch die Familiengerichte grundsätzlich anzunehmen, dass die gemeinsame elterliche Betreuung von Trennungskindern in der Regel dem Kindeswohl am besten entspricht (Vorrang des Prinzips der Doppelresidenz, analog zur elterlichen Sorge). Im Einzelfall kann diese Annahme Gegenstand der gerichtlichen Überprüfung und andere Gestaltungen zum Wohle des Kindes können notwendig sein. Entsprechend wollen wir auch das Unterhaltsrecht, das Recht der rechtlichen Vertretung des Kindes, das Sozialrecht, das Steuerrecht und das Rentenrecht überprüfen und dort anpassen, wo individuelle Lösungen von elterlicher Betreuung und Kindesaufenthalt dies erfordern.

Mit freundlichen Grüßen
Christian Lindner

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