Frage an Christian Lindner von Finnegan P. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen
Ich hätte mehrere Fragen an Sie, die grundsätzlich das Thema Freiheit, Flaggschiff der FDP, behandeln.
Zunächst einmal wüsste ich gerne, was Ihre politische Haltung zur "Ehe für Alle" ist, und ob Sie das Thema für vollendet sehen oder ob damit zu rechnen ist dass Sie sich auch für andere Beziehungen und Sexualitäten wie Polyamorie einsetzen werden? Denken Sie, dass es ausreicht die gleichgeschlechtliche Ehe zu legalisieren und der Hetero-Ehe gleichzustellen oder werden Sie auch die Legalität von Poly-Ehen und anderen Beziehungen fordern?
Zum anderen würde mich interessieren, was Sie zur Burqa und zum Burqini sagen. Halten Sie ein allgemeines Verbot für angebracht oder sprechen Sie sich für eine bedingungslose Legalität der Vollverschleierung im Namen der Religionsfreiheit aus, oder knüpfen Sie eines von beiden Konzepten an Bedingungen?
Und wie sieht es aus mit der Erziehung von Kindern in Zusammenhang mit Religion? Denken Sie, dass die Kindeserziehung und der Schulunterricht sekulär und atheistisch gestaltet sein sollten und man Religion und Glaube von Kindern bis zur Mündigkeit fernhalten sollte oder meinen Sie, dass Religion und Glaube fest in Erziehung und Bildung verankert sein sollten?
Bezüglich Bildung und Kindeserziehung würde mich außerdem interessieren, wie Ihre Haltung zur Arbeit der BPjM ist, insbesondere zur Praktik der Indizierung. Halten Sie es für zeitgemäß, vor allem aber auch für rechtens dass solche zensur-ähnlichen Maßnahmen vom Staat vorgenommen werden? Ist mit der FDP mit mehr oder weniger Zensur im Namen des Jugendschutzes zu rechnen?
Insbesondere da unter die Indizierung auch Bildungsangebote wie das der SMJG fallen.
In diesem Kontext würde mich Ihre allgemeine Haltung zu Altersgrenzen (z.B. Schutzalter, Mindestwahlalter...) interessieren?
Ich möchte als Erstwähler meine erste Chance zur politischen Mitbestimmung nicht unüberlegt vergeben und wäre daher sehr erfreut wenn Sie mir meine Fragen beantworten könnten.
Sehr geehrter Herr P.,
haben Sie vielen Dank für Ihre Nachricht.
Die FDP fordert schon seit vielen Jahren die "Ehe für alle Paare". Die Öffnung der Ehe ist daher auch Bestandteil unseres Wahlprogramms zur Bundestagswahl, das wir bereits Ende April beschlossen haben. Dass der Beschluss bereits jetzt gefasst wurde, freut uns sehr - er macht unser Land ein großes Stück freier, toleranter und moderner. Mit dem Schwenk der Kanzlerin und dem Beschluss des Bundestages ist das Thema auch kein Konfliktpunkt mehr. Eine weitere Liberalisierung, zum Beispiel zu einer polygamen Ehe, lehnen wir Freie Demokraten ab.
Wir Freie Demokraten setzen uns für die Religionsfreiheit und die Gleichbehandlung von Kirchen-, Religions- und Weltanschauungsgemeinschaften ein. Denn zur Freiheit des Einzelnen gehört die Suche nach dem Sinn und den Werten des eigenen Lebens, die viele Menschen in ihrer persönlichen Glaubensüberzeugung und Weltanschauung finden. Daher soll jeder seine Religion ausüben oder seiner atheistischen oder agnostischen Überzeugung folgen können. Deshalb lehnen wir auch beispielsweise ein generelles Verbot der freiwilligen Verschleierung ab, soweit es nicht, etwa in öffentlichen Einrichtungen, im Einzelfall zur Identifizierung der Personalien oder nach dem Versammlungsrecht notwendig ist. Gleichzeitig müssen eventuelle private Zwänge, die Frauen zu einem bestimmten Verhalten drängt, konsequenter verfolgt und der Schutz vor häuslicher Gewalt verbessert werden. Zentral ist für uns bei jeder Religionsausübung die Orientierung am Grundgesetz.
In der Schule wollen wir eine echte Wahlfreiheit der Schülerinnen und Schüler bzw. der Eltern, sofern die Kinder noch keine 14 Jahre alt sind. Deshalb haben wir in Nordrhein-Westfalen zum Beispiel durchgesetzt, dass auch in Grundschulen alternativ zum Religionsunterricht ein Ethikunterricht angeboten werden soll.
Weitere Details zu unseren Positionen finden Sie auf unseren Themenseiten zur Bundestagswahl: www.fdp.de/denkenwirneu .
Mit besten Grüßen
Christian Lindner