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Christian Lindner
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Frage von Irmgard R. •

Frage an Christian Lindner von Irmgard R. bezüglich Arbeit und Beschäftigung

Sehr geehrter Herr Lindner,

es ist oft davon die Rede, dass Facharbeiter zu uns kämen. Die Realität sieht oft anders aus, da wanderte zum Beispiel mindestens ein ganzes Dorf nach Berlin ein, wie ich Ihnen anhand dieser Berichte gerne belege:

http://www.bz-berlin.de/bezirk/neukoelln/ein-roma-dorf-zieht-nach-berlin-article1426839.html

http://www.daserste.de/information/politik-weltgeschehen/weltspiegel/sendung/swr/2013/rumaenien-fantanele-100.html

Von 240 000 neuen Jobs sollen dieses Jahr 37.000 an die hier lebenden Menschen gehen und der größte Teil an Einwanderer, siehe diesen Bericht:

http://www.rp-online.de/wirtschaft/auch-2014-wird-es-keinen-job-boom-geben-aid-1.3708096

Außerdem wird sogar für die daheim gebliebenen Kinder Kindergeld bezahlt: Siehe diesen Bericht Seite 2:

http://www.fluechtlingsinfo-berlin.de/fr/pdf/Weisung_Kindergeld_260508.pdf

Da können die Wirtschaftskreise meine Erachtens noch so viel Rabulistik verbreiten. Es gab und gibt auch ernst zu nehmende Berichte, dass die Arbeitslosenstatitik nicht stimmt, siehe diesen Bericht:

http://www.faz.net/aktuell/wirtschaft/wirtschaftspolitik/beschaeftigung-3-2-millionen-arbeitslose-gelten-nicht-als-arbeitslos-1512738.html

In diesem Bericht ( u.vielen anderen) wird davon geschrieben, dass der Fachkräftemangel auf wenige Branchen begrenzt ist:

http://www.n-tv.de/wirtschaft/Die-Maer-vom-Fachkraeftemangel-article3833126.html

Daher meine Frage, warum viele Politiker meines Erachtens die Verlautbarungen der Wirtschaft so unkritisch übernehmen? Ich studierte einst VWL und muss erkennen, dass viele Politiker eher rein betriebswirtschaftlich denken. Könnten Sie hierzu bitte künftig die anderen Sichtweisen berücksichtigen?

Wieviele Zuwanderer möchte Ihre Partei noch ins Land lassen? Wäre es nicht besser die Armut vor Ort zu bekämpfen?

Mit freundlichen Grüßen

Irmgard Resch

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Sehr geehrte Frau Resch,

haben Sie vielen Dank für Ihre Anfrage vom 12. Januar. Zur von Ihnen angesprochenen Frage der Zuwanderung aus Südosteuropa möchte ich Ihnen zunächst gerne folgende Fakten mitteilen:

Die Arbeitslosenquote der Bulgaren und Rumänen in Deutschland belief sich zur Jahresmitte 2013 auf 7,4 % und ist damit etwas geringer als im Bevölkerungsdurchschnitt (7,7 %) und deutlich geringer als bei der ausländischen Bevölkerung insgesamt (14,7%). Zum 30. Juni 2013 bezogen 10% der Personen aus Bulgarien und Rumänien Leistungen nach dem SGB II („Hartz IV“). Der Anteil der Leistungsbezieher ist damit höher als im Bevölkerungsdurchschnitt (7,5%), aber deutlich niedriger als im Durchschnitt der ausländischen Bevölkerung (16,2%). Der Anteil der Kindergeldempfänger an der Bevölkerung aus Bulgarien und Rumänien betrug zur Jahresmitte 8,8%. Das ist geringer als im Bevölkerungsdurchschnitt (10,8%) und deutlich geringer als im Durchschnitt der ausländischen Bevölkerung (15,0%).

Vor dem Hintergrund dieser Statistiken kann es nicht darum gehen, Pauschalurteile über die Eigenschaften von Zuwanderern aus bestimmten Regionen zu fällen. Vielmehr ist eine differenzierte Betrachtung geboten. Zunächst einmal ist der Anteil derjenigen Zuwanderer aus Südosteuropa, die Sozialleistungen in der Bundesrepublik Deutschland in Anspruch nehmen, vergleichsweise gering. Soweit unter diesen Menschen aber auch solche sind, die nur deshalb nach Deutschland kommen, um das hiesige Sozialleistungssystem in Anspruch zu nehmen, verfügt unser Staat bereits heute über die Mittel, das zu unterbinden:

Auch EU-Bürger genießen ein uneingeschränktes Aufenthaltsrecht nur insoweit, als sie nicht im Wesentlichen zur Bestreitung ihres Lebensunterhalts auf Sozialhilfeleistungen angewiesen sind. Sind sie dies jedoch, besteht nach geltendem deutschem und europäischem Recht die Möglichkeit der Ausweisung.

Nicht vergessen werden darf ferner, dass unser Land auf Zuwanderung angewiesen ist, wenn wir unseren heutigen Lebensstandard auch in Zukunft halten möchten. In der Bundesrepublik Deutschland kommen auf eine Frau im Laufe ihres Lebens statistisch gerade einmal 1,4 Geburten; damit die Bevölkerungszahl konstant bliebe, müssten es jedoch 2 sein. Die Gesellschaft überaltert; schon 2030 werden die über Sechzigjährigen die Mehrheit der Bevölkerung ausmachen. Unser solidarisches Sozialversicherungssystem ist jedoch darauf angewiesen, dass es im Sinne der Generationengerechtigkeit von den Arbeitenden finanziert wird. Arbeiten jedoch immer weniger Menschen, sinkt die Zahl der Beitragszahler mit der Folge, dass für unser Gemeinwesen essentielle Leistungen ggf. nicht mehr finanziert werden können. Umso wichtiger ist es deshalb, das Geburtendefizit durch Zuwanderung auszugleichen. Deshalb kann nicht die Rede davon sein, die Politik übernähme unkritisch die Meinung der Wirtschaft; vielmehr hat die Wirtschaft erkannt, dass wir aus den genannte Gründen eine qualifizierte Zuwanderung benötigen.

Für Ihr Interesse an meiner politischen Arbeit danke ich Ihnen und verbleibe

mit freundlichen Grüßen
Christian Lindner MdL

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