Frage an Christian Lindner von Maximilian B. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen
Sehr geehrter Herr Lindner,
Ich zitiere Sie aus einem Spiegel-Interview von ihrer Homepage: "Wenn man das Urheberrecht aufhebt, dann wird es bald keine hochwertigen Inhalte mehr geben. "
Sie kennen Wikipedia - Das größte und beste Lexikon, das die Menschheit je hervorgebracht hat. Dazu war Urheberrecht keine Bedingung, sondern vielmehr Hemmstoff!
Geld spielt eine geringere Rolle für das Funktionieren des menschlichen Schaffens, als oftmals angenommen wird. Niemand zahlt Gebühren, niemand verdient Geld, selbst auf Werbeeinnahmen kann vollständig verzichtet werden. Und es funktioniert! Ihre Finanzierungssorgen sehe ich daher nicht. Auf materieller Ebene wäre eine Finanzierung aus Steuermitteln denkbar. Wir brauchen die Profitwirtschaft nicht zwangsläufig, um vorwärts zu kommen.
Ich weiß, dass ihre Partei der Meinung ist, dass ohne Druckmittel "Profit" kein Mensch was tut oder produktiv ist. Solang Sie sich an diese Vorstellung vom Menschen klammern, werden Sie den modernen Möglichkeiten der Verwirklichung des Menschseins nie gerecht. Und damit (gerade) liberale Wähler nicht mehr erreichen.
Finden Sie, dass man sich gut fühlt, wenn man einfach nur NICHTS tut? Niemand fühlt sich das. Die Leute in der DDR sehnten sich geradezu danach, produktiver und freier arbeiten zu dürfen! Auch der heutige Sozialhilfeempfänger an der Schnapsflasche ist nicht glücklich mit seiner Situation, fragen Sie doch mal nach! Er fühlt sich isoliert und ausgegrenzt. Der Mensch ist von sich aus kreativ, produktiv, will anderen zeigen, was er kann. Es kommt darauf an, Bedingung gleicher Chancen zu schaffen, damit Menschen nicht isoliert und demoralisiert werden. Diesem Streben steht das gegenwärtige Urheberrecht ganz klar im Wege.
Ich schreibe Ihnen das, weil ich glaube, dass Sie innerhalb Ihrer Partei einer der wenigen sind, die für diese Zeilen eventuell Verständnis aufbringen können. Würde mich um Begründung ihrer Position zum Urheberrecht freuen.
Mit freundlichen Grüßen
Maximilian Blum
Sehr geehrter Herr Blum,
haben Sie vielen Dank für Ihre Nachricht vom 30. Januar 2012 zum Thema Urheberrecht.
Das Thema Urheberrecht wird gegenwärtig ja, auch im Kontext von ACTA, kontrovers diskutiert.
Für mich steht fest: Die Digitalisierung unseres Alltags stellt das Urheberrecht vor neue Herausforderungen. Neue Problemfelder und Konflikte haben sich aufgetan, neue Ideen und innovative Geschäftsmodelle sind entstanden. Gleichzeitig ist der Schutz geistigen Eigentums und schöpferischer Leistung für Liberale ein hohes Gut, das es zu schützen gilt.
Das Urheberrecht muss also entsprechend angepasst werden. Ziel muss dabei sein, einen fairen Ausgleich zwischen den Nutzern und den Anbietern zu finden, ohne das dadurch die Freiheit im Internet in Frage gestellt wird.
Eine Aufhebung des Urheberrechtes halte ich jedoch für falsch, da zitieren Sie mich richtig. Denn das Urheberrecht ist kein Selbstzweck, sondern bietet Schutz und Anreiz für neue Ideen. Es gewährt dem Einzelnen Bestimmungsrecht über seine kreativen Leistungen. Zudem ermöglichen erst die im 19. Jahrhundert eingeführten Urheberrechte kreativen Menschen aus ihrer Berufung auch einen Beruf zu machen - die Grundlage der Kreativ- und Kulturwirtschaft in Deutschland.
Urheberrechte widersprechen dabei auch nicht, wie von Ihnen impliziert, dem Gedanken von Freiwilligen-Projekten wie Wikipedia, die auf dem Prinzip des Open Content basieren.
Freundliche Grüße,
Christian Lindner, MdB