Frage an Christian Lindner von Sascha A. bezüglich Arbeit und Beschäftigung
Sehr geehrter Hr. Lindner,
in der Politik herrscht seit einiger Zeit eine Debatte über einen sogenannten "Fachkräftemangel", den Arbeitgeberverbände angestoßen haben. Die derzeitige Lösung sieht lediglich vor, ausländische Fachkräfte anzuwerben.
Im Rahmen der Debatte stoßen mir unlogische Zusammenhänge auf:
Warum unternimmt die Bundesregierung trotz dieser vermeintlichen Probleme auf dem Arbeitsmarkt nur so wenig, um die Qualifizierungsmöglichkeiten im Inland zu verbessern? Dazu sollten gehören:
- Mehr Mittel für den Ausbau und die Modernisierung von Universitäten und Schulen, insbesondere in naturwissenschaftlichen und technischen Bereichen
- Keine Altersbegrenzung beim BAFöG-Bezug beim Beginn einer beruflichen Bildungsmaßnahme (derzeit bei 30 Jahren begrenzt), so dass sich auch ältere Arbeitnehmer dem Bedarf anpassen und weiterbilden können, vor allem auch für solche, die am Arbeitsmarkt gescheitert sind
Es wird zudem auch von vielen Seiten, auch aus meinem eigenen Umfeld, davon berichtet, dass Fachkräfte keinen richtigen Job in Deutschland bekommen. Sie werden oft nach Ende ihres Studiums in unbezahlte Praktika geschickt oder in Zeitarbeitsfirmen beschäftigt, die nicht selten weit unterhalb der Tariflöhne bezahlen. Für mich als Physik-Student und zukünftige Fachkraft stellt sich da die Frage: Bin ich denn in diesem Lande auf dem Arbeitsmarkt wirklich erwünscht? Sind meine beruflichen Perspektiven in europäischen Nachbarländern denn nicht wesentlich vielversprechender? Ich habe mich als 29-jähriger für das Studium entschieden, um aus den Mühlen der Zeitarbeit zu entkommen. Sind meine Bemühungen darin möglicherweise sinnlos?
Dieses Phänomen und die Haltung der Bundesregierung zur Bildungspolitik, welche die Quelle neuer einheimischer Fachkräfte ist, passen logisch nicht zusammen zu der Aussage, dass ein Fachkräftemangel bestehe. Die Arbeitsbedingungen für junge Fachkräfte müssten dann den Marktregeln entsprechend bei weitem besser sein.
Sehr geehrter Herr Apazeller,
meine Positionen in der Fachkräfte-Debatte habe ich in zwei Gastbeiträgen für das "Handelsblatt" und die "FTD" dargelegt. Darin geht es u.a. auch um die von Ihnen angesprochenen Punkte. Den Link zu den beiden Texten finden Sie untenstehend. Generell gilt: Die Zuwanderung qualifizierter Fachkräfte und Anstrengungen in der Bildungspolitik sind kein Widerspruch, sondern ergänzen einander. Gleichwohl muss man angesichts der Zahlen aus den Unternehmen und Verbänden sowie der demografischen Entwicklung anerkennen, dass Bildung alleine nicht ausreichen wird, um das Problem des Fachkräftemangels in Deutschland zu beseitigen.
Ihre Entscheidung, mit 29 Jahren ein Studium aufzunehmen, war sicherlich richtig. Alle Untersuchungen zeigen, dass mit einem höheren Bildungsabschluss die Chancen auf beruflichen Erfolg und ein reguläres Arbeitsverhältnis signifikant ansteigen.
http://www.liberale.de/Pressemitteilungen/2980c202/index.html?id=14070
http://www.christian-lindner.de/Mehr-Mut-bei-der-Zuwanderung/1414c12520i1p59/index.html
Mit freundlichen Grüßen
Christian Lindner