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Christian Lindner
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Frage von Uwe G. •

Frage an Christian Lindner von Uwe G. bezüglich Finanzen

Wie kann man Steuerentlastungen fordern und gleichzeitig weiter Schulden machen? Warum werden Steuermehreinnahmen nicht zur Schuldentilgung bzw. zur Unterstützung notleidender und überschuldeter Kommunen eingesetzt ?

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Sehr geehrter Herr Grobecker,

1. Die Entlastung der Mittelschicht ist eine Frage der Gerechtigkeit. Die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer - vom Facharbeiter über die Krankenschwester und den Polizeibeamten bis hin zum Vertriebsingenieur - haben den Aufschwung erarbeitet. Sie haben Deutschlands Wettbewerbsfähigkeit durch Lohnzurückhaltung in den letzten Jahren gesteigert. Von den jetzt vereinbarten Gehaltserhöhungen profitiert der Finanzminister aber stärker als der einzelne Beschäftigte, da durch die ,kalte Progression" - sagen wir es klar: durch eine automatische, politisch nicht neu zu beschließende, schleichende Steuererhöhung - etwa 54 Prozent des zusätzlichen Lohns in öffentliche Kassen fließen. Im Zusammenwirken mit der Inflation drohen der Mittelschicht sogar reale Kaufkraftverluste. Diese Entwicklung widerspricht unserem Verständnis von sozialer und von Leistungsgerechtigkeit. Deshalb arbeiten wir an einer Steuerentlastung, der Reduzierung der ,kalten Progression" und der Beiträge für die Sozialversicherungen.

2. Die Entlastung ist eine Investition in die Konjunktur. Das Wachstum wird durch eine Stärkung der Kaufkraft stabilisiert, ein Entzug von Kaufkraft zum Beispiel durch die ,kalte Progression" würde die Binnennachfrage dagegen schwächen. Dr. Alfred Boss vom Institut für Weltwirtschaft in Kiel teilt unsere makroökonomische Einschätzung zur Entlastung: ,Wenn man den Steuertarif nicht regelmäßig anpasst, werden die Leistungs- und die Investitionsanreize geschwächt - das kostet uns wirtschaftliche Dynamik." Die positiven Wirkungen gezielter Entlastungen konnten wir in Deutschland im Jahr 2010 praktisch beobachten, nachdem die Koalition durch das Wachstumsbeschleunigungsgesetz bereits 24 Milliarden Euro zusätzliche Kaufkraft freigesetzt hatte. Diese offensichtlich erfolgreiche Politik werden wir fortsetzen. Übrigens finanziert sich eine Steuerentlastung auf mittlere Sicht zu einem signifikanten Anteil selbst: Sogar der ehemalige Finanzminister Peer Steinbrück schätzte die Quote auf 60 Prozent (Interview STERN-TV vom 24. September 2009).

3. Entlastung und Haushaltskonsolidierung sind in einer wachsenden Wirtschaft vereinbar. Stabiles Wachstum ist eine Voraussetzung für die ausgezeichnete Arbeitsmarktlage, die steigenden Steuereinnahmen und damit die Möglichkeiten des Staates, den Konsolidierungspfad fortzusetzen. Prof. Dr. Michael Hüther vom Institut der Deutschen Wirtschaft hat in diesem Zusammenhang jüngst gesagt: ,Niedrigere Steuern können die Konsolidierung auch unterstützen. Voraussetzung dafür ist aber, drohende Mehrbelastungen und höhere Ausgaben zu verhindern." Das ist auch die Haltung der FDP. Wir haben in der Koalition einen Fahrplan zur Erfüllung der Schuldenbremse verabredet, der präzise eingehalten wird. Wir reduzieren die Neuverschuldung im kommenden Jahr auf nur noch 27,4 Milliarden Euro. Die Grenze, die durch die im Grundgesetz verankerte Schuldenbremse vorgegeben ist, wird damit um 10 Milliarden Euro unterboten. Diesen Kurs behalten wir bei.

Mit freundlichen Grüßen

Christian Lindner

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