Frage an Christian Lindner von Ingrid L. bezüglich Finanzen
Sehr geehrter Herr Lindner,
derzeit sind wieder Steuersenkungen im Gespräch. Können Sie mir erläutern, wie Sie bei den kleinen (zahlen eh meist keine Steuern mehr) und den mittleren Einkommen die Steuern senken wollen, ohne dass es den gut Verdienenden noch mehr zugute kommt?
Das Problem derzeit sind weniger die Steuern, sondern die Sozialabgaben (Renten-, Kranken-, Arbeitslosen-, Pflegeversicherung > 20%). Während die gut Verdienenden (oberhalb aller Bemesungsgrenzen) "nur" 42% Abzüge bei den Mehreinnahmen - z. B. Gehaltserhöhungen - haben, sind das bei Arbeitnehmern knapp unterhalb mehr als 62%!.
Dass bei der "kalten" Progression was gemacht werden muss, sehe ich ein. Sie trifft vor allem die hart arbeitenden Familien mittleren Einkommens, aber bitte kostenneutral (wir müssen die Staatsschulden abbauen), d.h. Spitzensteuersatz entsprechend höher (früher war dieser bei 50%, der soziale Friede war besser als heute und die Spitzenverdiener haben deshalb auch nicht reihenweise Selbstmord begangen).
Mit freundlichem Gruß
Ingrid Löh
P.S.: Beantworten Sie eigentlich die Fragen alle selber, oder lassen Sie beantworten?
Sehr geehrte Frau Löh,
Sie haben Recht, die kalte Progression ist eine Art heimliche Steuererhöhung, bei der Lohnzuwächse durch die höhere Einkommensteuerbelastung zu großen Teilen wieder aufgezehrt werden. Hier kann man durch Änderungen des Tarifverlaufs entgegen wirken. Über konkrete Instrumente wird gerade gesprochen.
Ihre Aussagen zu so genannten Spitzenverdienern teile ich nicht. Den Spitzensteuersatz zahlen heute ja bereits erfahrene, qualifizierte Facharbeiter - schauen Sie sich bitte die Entgelttabelle der IG Metall Baden-Württemberg an. Zudem bringen die oberen 50 Prozent der Einkommensteuerzahler 90 Prozent des Aufkommens auf. An Debatten über zusätzliche Umverteilung beteilige ich mich deshalb nicht mehr.
Übrigens: Eine Absenkung des Renten-Beitragssatzes auf 19,2 Prozent ist für kommendes Jahr geplant.
Mit freundlichen Grüßen
Christian Lindner
P.S.: Ja, ich antworte selbst. Mein Team recherchiert manches oder unterbreitet Vorschläge. Manche Fragen habe ich anderenorts schon beantwortet, da nehmen meine Mitarbeiter diese Formulierungen.