Frage an Christian Lindner von Ralf K. bezüglich Recht
Sehr geehrter Herr Lindner,
auf meine Anfrage vom 05.05.2011 hatten Sie geantwortet, einen übereilten "Schnellschuss" beim Atomausstieg werde es mit der FDP nicht geben.
Leider habe ich den Eindruck, dass eben dies eingetreten ist, dass nämlich die FDP einem solchen "Schnellschuss" zugestimmt hat. Vereinbart wurde ein straff gestaffeltes Abschalten der Atomkraftwerke bis 2021/2022, das in dieser Form genauso gut von Rot-Grün stammen könnte. Da der schwarz-gelbe Ausstiegsplan ein Abarbeiten der Reststrommengen unmöglich macht, drohen nun obendrein noch Entschädigungsforderungen von den Energiekonzernen.
Die FDP wollte sich als "Stimme der Vernunft" präsentieren, doch wo bleibt hier die Vernunft? Wie will die FDP wieder aus ihrem Umfragetief herausfinden, wenn sie auf der ganzen Linie vor der Union einknickt, wie jetzt beim Atomausstieg? Wäre es nicht an der Zeit, dass die FDP notfalls die Koalitionsfrage stellt, sollten sich Frau Merkel und Herr Seehofer weiterhin so kompromisslos zeigen wie bisher? Die FDP macht sich entbehrlich, wenn sie es aus Gründen der "Koalitionsräson" zulässt, sich über den Tisch ziehen zu lassen.
Mit freundlichen Grüßen,
Ralf Kowollik
Sehr geehrter Herr Kowollik,
die nun beschlossenen Gesetze sehen die stufenweise Abschaltung aller Kernkraftwerke in einem zeitlichen Korridor bis 2022 vor. Auch wenn sie zweifellos nicht "FDP pur" sind - ich habe darauf hingewiesen -, so lassen sie doch eine liberale Handschrift erkennen. Um Versorgungsengpässe zu vermeiden, haben wir bei der Kompromissfindung erreicht, dass ein Kernkraftwerk bis 2013 zusätzlich auf Standby bleibt. Uns war auch wichtig, dass im Bau befindliche andere Kraftwerkstypen schneller fertig gestellt und die Stromnetze zügiger ausgebaut werden können. Die FDP hat zudem durchgesetzt, dass die energetische Sanierung mit zusätzlichen Abschreibungsmöglichkeiten gefördert wird. Auf unser Drängen werden zur Dämpfung eines möglichen Preisanstieges die Kostensenkungspotentiale bei der EEG-Umlage ausgeschöpft und Kompensationsmöglichkeiten auch für kleine und mittlere energieintensive Unter nehmen gewährt. Wir haben auch bewirkt, dass die Altlasten weiterhin aus der Brennelementesteuer bewältigt werden sollen, auch, um haushalterische Spielräume nicht zu gefährden. Hinsichtlich der Endlagerfrage wurde der aktuelle FDP-Parteitagsbeschluss quasi vollständig berücksichtigt: Gorleben wird weiter erkundet, aber auch weitere alternative Entsorgungsoptionen - einschließlich rückholbarer Varianten - geprüft.
Dass sich die Koalition derzeit mit extrem komplexen Themen befassen muss - Energie, Griechenland, Euro - steht außer Frage. Spannungen bleiben dabei naturgemäß nicht aus. Gleichwohl bin ich davon überzeugt, dass wir in allen Punkten zu einer guten, einvernehmlichen Lösung finden werden. Beim Thema Energie ist uns, wie oben skizziert, der Kompromiss m.E. gelungen.
Mit freundlichen Grüßen
Christian Lindner