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Christian Lindner
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Frage von Brigitte B. •

Frage an Christian Lindner von Brigitte B. bezüglich Soziale Sicherung

Guten Tag Herr Lindner,

warum wollen Sie den älteren Arbeitslosen ab 50 die ALG I-Bezüge streichen?

Jemand, der über 30 Jahre fleißig gearbeitet hat, zwischendurch noch 2 Kinder geboren hat (ohne dafür lange zu Hause zu bleiben!), ohne Verschulden (durch Verkauf der Firma) arbeitslos wurde, einen "ganz normalen" Bürojob hatte (wie viele in diesem Alter) warum soll der nach 1 Jahr Arbeitslosigkeit alles aufgeben, was er sich bis dahin erarbeitet hat? Die "großzügigen" Rentenfreibeträge sind doch keine Alterssicherung!

Wissen Sie eigentlich, wie man sich fühlt, wenn man plötzlich nicht mehr dazu gehört? Wenn man zum Arbeitsamt kommt, und es sitzt einem jemand der gegenüber, der jünger ist als die eigenen Kinder? Oder man bekommt Bewerbungsabsagen (wenn überhaupt) von Leuten, die Julius oder Sandra oder so heißen, und wo Sie genau wissen, die sind ebenfalls gerade mal 30? Wissen Sie, wie schlimm das ist, im Alter von Hartz 4 leben zu müssen? Jeden Cent müssen Sie der ARGE nachweisen. Sie haben kein Geld mehr, um am normalen öffentlichen Leben teilzunehmen. Denn von 329 € im Monat (wovon Ihnen auch noch Wasser und Strom abgezogen wird - es bleiben ca. 250€ zum Ausgeben) können Sie nicht leben. Kein Theater, kaum mal eine Ausstellung - zum Essen ausgehen an die Pommes-Bude....das ist kein Leben, das man sich für´s Alter vorgestellt hat.

Ich bin 51 und müßte (glaubt man meinem Rentebescheid) noch 15 Jahre arbeiten. Wer soll denn diese Zeit für mich finanzieren? Statt solche Vorschläge zu machen, sollten Sie dafür sorgen, dass man in diesem Alter wieder eingestellt wird.

Freundliche Grüße
Brigitte Bottcher

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Antwort von
FDP

Sehr geehrte Frau Bottcher,

ich bedauere Ihre Situation und hoffe, dass Ihnen der Wiedereinstieg in den Arbeitsmarkt schon bald gelingen wird; dafür wünsche ich Ihnen alles Gute.

Im Zusammenhang einer möglichst raschen Rückkehr in Arbeit steht auch mein Vorschlag zur Verkürzung der Bezugsdauer des Arbeitslosengeldes I (ALG I). Zumal Studien - etwa vom Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) - belegen, dass die Verkürzung für ältere Arbeitnehmer zu einer stärkeren Arbeitsmarktbeteiligung führt. Dies war bereits 2005 der Fall. Als auf Betreiben der SPD die Bezugsdauer dann 2008 wieder verlängert wurde, ging der Anteil älterer Arbeitnehmer erneut zurück. (Einer der schärfesten Kritiker der Verlängerung war damals übrigens der SPD-Sozialexperte Franz Müntefering).

Sie sehen, es ist nicht soziale Kälte, die mich zu meinem Vorschlag veranlasst hat, sondern vielmehr das Ziel, die Rückkehr in Arbeit zu erleichtern. Eine wichtige Maßnahme ist dabei die Verbesserung der Hinzuverdienstmöglichkeiten für Arbeitslose, für die die zusätzlich zur Verfügung stehenden Mittel eingesetzt werden sollen. Gegenwärtig dürfen Hartz IV-Bezieher von verdienten 400 Euro gerade einmal 160 Euro behalten - als Anreiz ist das m.E. nicht ausreichend. Neben der bereits beschlossenen Verbesserung der Bildungschancen für Kinder von Hartz IV-Beziehern wäre eine Anhebung der Zuverdienstgrenzen somit ein weiterer wichtiger Schritt hin zu einem aktivierenden Sozialstaat, der den Menschen, statt sie mit staatlichen Transfers allein zu lassen, die Chancen auf eine Rückkehr in das tätige Miteinander eröffnet.

Mit freundlichen Grüßen

Christian Lindner

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