Frage an Christian Lindner von Stephan W. bezüglich Soziale Sicherung
Sehr geehrter Herr Lindner,
(auch) seitens der FDP sind bei Diskussionen zur sozialen Gerechtigkeit fast ausschließlich Steuern das Thema. Die sogenannten ´Sozialversicherungen´ werden praktisch ausgeblendet, obschon die mit über 360 Milliarden Euro allein an Beitragsaufkommen weit größer sind als der Bundeshaushalt.
Die Gesamtbelastung eines durchschnittlich verdienenden Arbeitnehmers lag bereits 2006 um 40% über dem OECD-Durchschnitt. Und es wird immer schlimmer. Ein Beispiel: was bleibt von Gehaltserhöhungen? Wenn ein Arbeitgeber für einen Single mit ca. 3.100 Brutto 120€ mehr investieren kann, gehen 40% SV-Beiträge weg und damit mehr als Steuern (38€) darauf. Angesichts solcher Zahlen ist es inakzeptabel, die Fehlentwicklungen in den SV-Systemen weitgehend (mit Ausnahme der Gesundheitspauschale) zu ignorieren und allein auf die Steuern abzustellen..
Die FDP hat zusammen mit der Union nach der Wiedervereinigung maßgeblich für diese Schieflage gesorgt, indem vorwiegend den Sozialversicherungen vereinigungsbedingte Sonderlasten aufgebürdet wurden, statt sie fair und gerecht aus dem Steuersystem zu leisten. Diese Kosten gehen schließlich alle Bürger etwas an, nicht nur die Arbeitnehmer. Die rotgrüne und die große Koalition danach haben die vorgefundene Schieflage dann noch vergrößert.
Es sollte dieser Fehler eingestanden und korrigiert und gerade von der FDP dafür gekämpft werden, aus allen Sozialversicherungen die Zweckentfremdungen und versicherungsfremden Leistungen ins Steuersystem auszugliedern, alle Sozialversicherungsbeiträge sofort und vollständig steuerlich absetzbar zu machen. Und Beamte, Selbstständige, Unternehmen und Politiker endlich fair an der Finanzierung gesamtgesellschaftlicher Aufgaben zu beteiligen.
Warum ignoriert die FDP dieses Themenfeld? 28 Millionen Beitragszahler für die SV sind viele potentielle Wähler.
Quellen: eigene Erfahrung, Lektüre, u.a. Melkvieh Mittelschicht - Wie die Politik die Bürger plündert (ISBN 978-3-86881-022-6)
Sehr geehrter Herr Wunsch,
ich teile Ihre Einschätzung. Insbesondere bei kleinen und mittleren Einkommen sind die Sozialabgaben zu hoch. Als FDP können wir uns daher vorstellen, die Sozialabgaben progressiv ansteigen zu lassen – wie bei Midi-Jobs. Vor allem bei Einkommen unter 1.000 Euro würde dies nach meiner Auffassung Sinn machen. Für Details wenden Sie sich jedoch bitte an meinen Kollegen Dr. Heinrich Kolb MdB. Er ist der Sozialpolitische Sprecher der FDP-Bundestagsfraktion und für dieses Thema der richtige Ansprechpartner.
Mit freundlichen Grüßen
Christian Lindner