Frage an Christian Lindner von Marcel F. bezüglich Soziale Sicherung
Sehr geehrter Herr Lindner,
ich (26) war Hauptschüler, habe danach eine erfolgreiche Berufsausbildung im öffentlich-juristischen Bereich und im Anschluss dessen das Abitur auf dem zweiten Bildungsweg absolviert. Zwischenzeitlich war ich insgm. 13 Monate sog. "HartzIV"-Empfänger und kenne dieses Thema aus eigener Erfahrung sehr gut.
Jetzt bin ich Student an einer Hochschule und verfolge mit besonderen Interesse diese Debatte. Ich bin fassungslos über die "Art und Weise" wie Ihr Parteichef die Debatte losgetreten hat und Ihre FDP-Mitglieder diese weiterhin führen.
Ich finde den Ansatz zwar richtig, darüber zu diskutieren, aber teilweise muss die polemische Art und v. a. die unüberlegte Wortwahl massiv gerügt werden! Vielmehr sollten Sie eine Debatte des Miteinanders führen, dass ich zzt. bei Ihnen nicht erkennen kann.
Politiker sollten im Interesse des Volkes an jenen verantwortungsvollen Positionen stehen, aber sie lassen sich zu oft durch verletztem Ego, Machtinteressen und Lobbyismus ihren Geist vergiften, sodass der Mensch als ganzheitliches Wesen außer Acht läuft und Rationalisierungen und sog. "Eigenverantwortung" (a contrario = sozialstaatliche Abbaumaßnahmen) die Folge sind. Statt "strukturelle Rücksichtslosigkeit" abzubauen wird diese Verantwortung auf die Schultern des Einzelnen, i. S. v. Outsourcing, übertragen, sodass der neoliberale Slogan "Eigenfehler, statt Systemfehler" hier greift.
Ich frage mich daher was das ganzheitliche Interesse Ihrer Partei für das gesamte Volk ist, wenn führende FDP-Politiker sich so kindisch aufführen und den Höhenflug nach jahrelanger Opposition durch Polemik rechtfertigen.
Was sind für Sie Leistungsträger? Bin ich als Student, der keine Steuern zahlt und obendrein BAföG erhält ein Leistungsträger? Sind es nur finanzielle Faktoren, ab wann jmd. „Leistungsträger“ ist? Wieso hat die Mehrheit des Volkes das Gefühl, dass hier eine aufspaltende Debatte geführt wird?
Mit freundlichen Grüßen
Marcel Federau
Sehr geehrter Herr Federau,
Guido Westerwelle hat eine Debatte angestoßen, die die Mehrheit der Deutschen für richtig hält. Dass dafür in der Politik bisweilen eine gewisse Zuspitzung der Formulierungen notwendig ist, ist nichts Neues und auch nichts Außergewöhnliches. Gleichwohl geht es in der Diskussion weder primär um die von Ihnen genannten Leistungsträger, noch um Menschen, die unverschuldet in Not geraten sind und somit selbstverständlich Anspruch auf Unterstützung haben. Vielmehr geht es uns um eine emanzipatorische Sozialpolitik, die sich nicht länger um die reine Versorgung bemüht, sondern Menschen in die soziale Teilhabe zurückführt. Falls Sie sich genauer mit der inhaltlichen Position der FDP in dieser Debatte befassen möchten, finden Sie auf meiner Website zwei Gastbeiträge aus FAZ und ZEIT, die das näher beschreiben.
Mit freundlichen Grüßen
Christian Lindner