Frage an Christian Lindner von Gerald K. bezüglich Soziale Sicherung
Sehr geehrter Herr Lindner,
mit großem Interesse verfolge ich die durch die Äußerungen ihres Parteivorsitzenden Guido Westerwelle losgetretene Debatte um die Zukunft des Sozialstaates. Zunächst möchte ich Ihnen meine Hochachtung dafür aussprechen, dass sie dieses Thema so offen auf die politische Tagesordnung tragen. Seit Jahren verfolge ich mit zunehmender Sorge die Entwicklung des Sozialstaates in Deutschland. Ich hoffe, dass sie sich durch den Gegenwind, der von vielen Kritikern ihrer Partei gegenwärtig auch vor dem Hintergrund von Meinungsumfragen in Zusammenhang mit der anstehenden Landtagswahl in Nordrhein-Westfalen zu sehen ist, nicht von ihrem Kurs abbringen lassen.
Nun zu meiner Frage: Wie stehen sie zur Kopplung der Hartz IV-Sätze an ein Sachleistungsprinzip, wie es der CHef des IFO-Instituts Prof. Dr. Werner Sinn befürwortet? Ich fände es gut, wenn nicht über die Höhe von Mindestsätzen im Mittelpunkt diskutiert wird, sondern über die Gerechtigkeit ihrer Verteilung. Meiner Meinung nach sollten zum Beispiel Schulsachen für Kinder, alle 3 Jahre eine Waschmaschine etc. gegen Vorlage des Kaufbelegs die Kosten unbürokratisch erstattet werden. Darüber hinaus vielleicht auch alle 3 Wochen eine Eintrittskarte für Kino, Schwimmbad, Zoo o.ä., um das Argument der "sozialen Verarmung" zu entkräften. Über eine bloße Erhöhung der Sätze wäre ich enttäuscht. Wenn Kinder sozial schwacher Eltern morgens ohne Frühstück in die Schule gehen, liegt das meiner Meinung nach in der MEHRHEIT der Fälle nicht an zu geringen Sozialleistungen, sondern an mangelnder Bereitschaft der Eltern, morgens aufzustehen. Ich entschuldige mich bei allen, denen ich hier Unrecht tue, weil man sicher nicht alle über einen Kamm scheren darf. Dennoch sehe ich die Gefahr, dass die Zukunft durch schwindende Leistungsanreize bestimmt wird.
Im Übrigen finde ich es widerlich, aus dem hochgradig normativen Art. 1 GG eine materielle Mindestforderung an den Staat abzuleiten.
Gerald Kunzmann
Sehr geehrter Herr Kunzmann,
vielen Dank für Ihre Frage.
Ich teile Ihre Auffassung. Es sollte in der gegenwärtigen Hartz IV-Diskussion nicht per se um eine Erhöhung der Regelsätze gehen, sondern darum, wie die zur Verfügung stehenden Mittel gerechter verteilt werden können. Hier sehe ich Potential, wobei ich wie Sie der Meinung bin, dass eine Stärkung des Sachleistungsprinzip ein Schritt in die richtige Richtung wäre. Für detaillierte Ausführungen möchte ich Sie auf meinen Gastbeitrag in der FAZ vom 18. Februar verweisen, hier der Link:
http://www.faz.net/s/RubFC06D389EE76479E9E76425072B196C3/Doc~E461461D3DB9B4E4088AA3C90258F5903~ATpl~Ecommon~Scontent.html
Mit freundlichen Grüßen
Christian Lindner