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Christian Lindner
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Frage von Hans-Georg B. •

Frage an Christian Lindner von Hans-Georg B. bezüglich Wirtschaft

Sehr geehrter Herr Lindner,

Sie sprechen sich in Ihrer Äußerung vom 20.11.2009 für den Fortbestand des Meisterzwangs aus.

Erlauben Sie mir hierzu eine Nachfrage:
Ein Betriebsleiter im Sinne des Handwerksrechts braucht handwerkliche Arbeiten nicht in selber auszuführen noch muss er bei der Ausführung der Tätigkeiten zugegen sein. Er kann einen Betrieb mit beliebig vielen Un- und Angelernten Mitarbeitern leiten. Ein Betriebsleiter i.S. des Handwerksrechts braucht keinerlei Fortbildungen zu absolvieren. Er kann Betriebe in Konkurs geführt haben und auch bei erwiesener Unfähigkeit bietet die Handwerksordnung keinerlei Handhabe, die Erlaubnis zur Betriebsleitung zu entziehen.

Wie soll vor diesem Hintergrund der geforderten „Qualifikationsnachweis“ – einer möglicher Weise vor Jahrzehnten abgelegten Prüfung – Gefahren abwehren?

Bei der Begründung, das mit dem Meisterzwang Gefahren für Gesundheit oder Leben von Dritten abgewehrt werden sollen, stellt sich die Frage, welche Gefahren überhaupt bestehen, die ein Betriebsleiter, der bei der Ausübung der Tätigkeiten nicht vor Ort sein muss abwehren kann. Dagegen, dass es solche Gefahren gibt, spricht, dass in anderen Ländern ohne Meisterzwang solche Gefahren offensichtlich nicht bestehen.

Welche Gefahr geht von der Arbeit eines Bäckers, oder eines Konditors aus, die den Meisterzwang rechtfertigt, aber eine entsprechende Einschränkung für Gastwirte als überflüssig erscheinen lässt?

Welche Gefahr geht vom Zahntechniker aus, die nicht vom Zahnarzt (der die Produkte der Zahntechniker verarbeitet) verantwortet wird?

Welche Tätigkeit eines Seilers birgt Gefahren für Gesundheit oder Leben von Dritten?

Ich bitte Sie: Sorgen Sie zur Rechtsklarheit dafür, dass in § 1 Abs. 2 Satz 2 der HwO die Liste der Kriterien, nach denen einzelnen Tätigkeiten nicht wesentlich für ein Handwerk sind ergänzt wird um die Tätigkeiten, von denen keine Gefahr für Gesundheit oder Leben von Dritten ausgeht.

Mit freundlichen Grüßen
Hans-Georg Beuter

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Sehr geehrte Frau Hoppe, sehr geehrter Herr Beuter,

vielen Dank für Ihre erneute Anfrage über abgeordnetenwatch.de vom 30. November bzw. 1. Dezember 2009. Da Sie beide das Thema Meisterbrief ansprechen, erlaube ich mir, Ihre Fragen zusammen zu beantworten:

Ohne Zweifel ist und bleibt der Meisterbrief ein Qualitätsmerkmal für die Verbraucher. Ich begrüße aber dennoch, dass die letzte Handwerksrechtsnovelle den Meisterzwang für zahlreiche Bereiche aufgehoben hat. Die entsprechenden Wirkungen sind zu evaluieren. Danach wären dann - auch vor dem Hintergrund des europäischen Dienstleistungsmarktes - weitere Schritte hinsichtlich einer Liberalisierung bzw. Senkung von Markteintrittshürden zu diskutieren.

Allerdings möchte ich Sie noch auf einen weiteren Aspekt aufmerksam machen, der bislang nicht angesprochen wurde und den ich in der Diskussion für relevant halte: So steht der Meisterbrief nicht nur für Qualität, sondern auch für betriebswirtschaftlichen Erfolg. Dies zeigt unter anderem die niedrige Insolvenzquote im Handwerk, die rund 50 Prozent unter dem Durchschnitt in der Gesamtwirtschaft liegt. Dies ist in meinen Augen ein klares Indiz dafür, dass die Meisterausbildung eine stärkere Krisenfestigkeit mit sich bringt. Sie ist insofern nicht nur Grundlage für hohe fachliche Qualifikation, sondern zugleich für wirtschaftliche Stabilität und nicht zuletzt -- auch dies zeigen die Zahlen -- für eine höhere Ausbildungsbereitschaft.

Für Fragen im Detail empfehle ich Ihnen die Kontaktaufnahme mit unserem mittelstandspolitischen Experten der FDP-Bundestagsfraktion, Klaus Breil, MdB.

Mit freundlichen Grüßen
Christian Lindner

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