Frage an Christian Heinrici von Andreas G. bezüglich Arbeit und Beschäftigung
Guten Tag,
ich bin sehr enttäuscht darüber, das scheinbar Politiker nur zu Wahlzeiten um Kontakt zum "Volke" benmüht sind.
Bei mir selbst, ich bin 38, und allen Bekannten und Freunden die ich gefragt habe hat sich noch nie ein Politiker vorgestellt.
Ich wohnte bis dato in Essen, in Marmagen und seit 7 Jahren in Köln, überall gleich.
Mein Wunsch ist, das auch in Nicht-Wahlzeiten hier ein proaktiver Kontakt vom Volksvertreter zum Wähler stattfindet. Warum werden nur im Wahlkamp Aktionen gestartet um Stimmen zu bekommen und nicht langfristig aber dafür sicher?
Woher wollen Sie als Volksvertreter wissen welche Meinung das Volk hat, um diese auch vertreten zu können wenn Sie nicht wissen welche Meinung herrscht ?
Vielen Dank.
Sehr geehrter Herr Goldau!
Vielen Dank für Ihre Frage. Wie ich sehe, haben Sie diese Frage den Politikern der diversen Parteien gestellt. Natürlich sind in dieser Hinsicht nicht alle politischen Parteien gleich! Trotdem finde ich Ihre Frage durchaus berechtigt, und kann ihr Gefühl sehr gut nachempfinden: Zu Wahlzeiten, sieht man auf den Einkaufsstraßen wie die Parteien ihre Stände mit den Sonnenschirmen aufstellen, fleißig Kugelschreiber verteilen, und das war´s dann für die nächsten vier Jahre. (Natürlich tauchen sie danach wieder ab, denn, wenn man seine vollmundigen Wahlversprechungen nicht einhält, könnte es peinlich werden, die Getäuschten hinterher wieder zu treffen...)
Tatsache ist natürlich, dass die ehemaligen Volksparteien (dazu zähle ich die fünf großen Parteien), alle fast sämtlich ihre Basis verloren haben. Das hat sicher verschiedene Gründe - dennoch wird diese Tatsache durch die sog. "Politikverdrossenheit" und die über Jahrzehnte abnehmende Wahlbeteiligung illustriert. Die einzige Antwort der etablierten Parteien auf diese Phänomen, ist zu versuchen, ihre "Inhalte" mit noch leereren Sprüchen und Kampagnen zu vermitteln (siehe die Plakate in Ihrem Wahlkreis "Artur." oder Guido W.s Auftritt im "Big Brother Container"...) Es geht aber nicht um Vermittlung, ihrer Inhalte, sondern, wie Sie richtig sagen, Herr Goldau, darum, dass sie den Bürgern wirklich zuhören sollten, und - unserer Meinung nach - ihre Vorschläge auch wirklich in ihre Programme und Forderungen miteinfließen zu lassen. Mit einem Wort: Die "Berufspolitiker" entfernen sich immer weiter von den Wünschen und Bedürfnissen ihrer Wähler - dadurch entsteht eine sehr große gefährliche Situation, geprägt von (berechtigter) Unzufriedenheit. Und eben diese Politiker wenden sich vielmehr den Wünschen und Bedürfnissen ihrer Freunde in den Großkonzernen zu - was man in Köln landläufig "Klüngel" nennt.
Die wichtigsten Programmpunkte der Humanistischen Partei sind:
- Für direkte und reale Demokratie
- Und für die Rechte der Minderheiten
In Bezug auf reale und direkte Demokratie fordern wir Bürger- und Volksentscheide auf allen politischen Ebenen - auf der Bundesebene sind sie ja nach wie vor verboten. Diese Plebiszite müssen erleichtert werden (es gibt zahlreiche bürokratische Hürden), sie müssen bindend sein für die "Volksvertreter" und müssen auch zentrale Themen berühren dürfen, wie beispielsweise Haushaltsentscheidungen. Dieses System funktioniert fantastisch in anderen Ländern, und tatsächlich kommen immer wieder für die Berufspolitiker überraschende Entscheidungen dabei heraus.
Das Paradebeispiel einer gut funktionierenden direkten Demokratie ist die Stadt Porto Alegre im Süden Brasiliens: Dort bestimmen die Bürger über einen sog. "Beteiligungshaushalt" seit 14 Jahren die Geschicke ihrer Stadt mit. Über Vollversammlungen in den Vierteln wird der Haushalt anlaysiert und die Prioritäten festgelegt. Von den 1,4 Millionen Einwohnern der Stadt werden in diesen Vollversammlungen 100.000 Bürger benannt, die dann direkt an der Erstellung und Verabschiedung des Haushaltes beteitligt sind. Der Erfolg: Porto Allegre ist weitestgehend frei von Korruption, 95 % der Bürger vertrauen ihrer Verwaltung. Die Infrastruktur und die Finanzen der Stadt haben sich erstaunlich verbessert.
Aber natürlich reicht es nicht aus, politische Ideale in schönen Forderungen zu formulieren. In allen Wahlkreisen, in denen die Humanistische Partei kandidiert, sind ihre Mitglieder an der Basis aktiv. (In Nippes und in Ehrenfeld seit rund 15 Jahren, in Bickendorf seit zwei Jahren). Wir haben Ladenlokale und Nachbarschaftszentren eröffnet, geben eine Zeitschrift heraus, machen ein Radio-Programm (Vox Populi - die Stimme des Volkes) und sind auf Stadtviertelebene für eine menschlichere Gesellschaft, gegen Diskriminierung und Gewalt aktiv.
Letztes Jahr haben wir ein offenes Forum "Experiment Demokratie" (www.experiment-demokratie.de) gegründet, auf denen die Bürger zusammen kommen konnten, selbst Vorschläge entwickeln, wie sie sich eine andere Lokalpolitik wünschen. Diese Vorschläge haben wir in unser Programm zu den Kommunalwahlen in Köln einfließen lassen. Jetzt im November veranstalten wir ebenfalls ein bundesweites Forum in Köln, wo wir alle Interessierten, selbstverständlich Sie auch, Herr Goldau, herzlich einladen! (Leider sind uns Herr Schröder und die diversen nicht gerade direkt-demokratischen Strukturen mit den vorgezogenen Bundestagswahlen zuvorgekommen, sonst hätten wir eben auch diese zu erabreitenden Punkte programmatisch mit einfließen lassen!)
Herr Goldau, wir würden uns freuen, wenn Sie uns Ihre genauen Vorschläge zukommenlassen oder sich selbst aktiv an den Foren beteiligen würden! Melden Sie sich bei uns (Angaben siehe oben), und wir trinken einen Kaffee, oder informieren Sie sich mehr über www.humanistischepartei.de.
Ich würde mich freuen, von Ihnen zu hören - mit freundlichen Grüßen -
Christian Heinrici