Sehr geehrter Herr Görtz, Wie stehen Sie zu dem Thema Rente mit 70 ?
Hallo Frau M.,
Rente mit 70 ist eine Diskussion, die alle bewegt und dennoch fern einer Umsetzung zu sein scheint, betrachten wir die Vielfalt der Berufe und deren Tätigkeitsanforderungen.
Ich möchte, bevor ich konkret darauf antworte, festhalten, dass ich persönlich für eine gänzliche Versicherungspflicht aller erwerbsmäßigen Einkünfte als einen ersten Schritt zur Stabilisierung, erhalt, wenn nicht sogar Verbesserung der Rentenbezüge stehe.
Des Weiteren müssen wir das Einzahler-Prinzip weiterdenken. Deswegen wollen wir das Instrument der Automatisierungs-Gutschrift einführen, damit weder eine Absenkung des Rentenniveaus noch eine zunehmende Steuerfinanzierung der Rente nötig wird. Für die Automatisierungs-Gutschrift wird bei börsennotierten Aktiengesellschaften auf die ausgeschütteten Dividenden eine Abgabe berechnet, wie vergleichbar bei der Abgeltungssteuer auf Kapitalerträge, die von den Banken automatisch an die Deutsche Rentenversicherung überwiesen wird. Dieses Geld wird als Rentenpunkte allen Rentenversicherten gleichmäßig auf ihren individuellen Rentenkonten gutgeschrieben.
Die Automatisierungs-Gutschrift stabilisiert somit das Rentenniveau, verhindert Unternehmens- und Einkommenssteuererhöhungen zur Rentenfinanzierung und reduziert den Abfluss von deutschem Kapital an die zunehmende Zahl von Aktionären aus dem Ausland und nimmt diese für den Erhalt des Sozialstandards im Entstehungsland ihrer Dividenden in die Pflicht.
Ein weiterer Baustein, und nun komme ich zu Ihrer eigentlichen Frage, ist das Anheben des Renteneintrittsalters auf 70 Jahre. So zumindest wird es diskutiert und führt auch bei mir zu Irritationen!
Ich bin mir durchaus bewusst, dass ein pauschales Anheben des Renteneintrittsalters an unsere Gesellschaft vorbeigedacht ist. Auch mir fällt es schwer, mir einen Dachdecker mit 69 Jahren noch auf dem Dach rumturnen zu sehen.
Wir müssen die Arbeitsleistung honorieren und Berufe berücksichtigen, wo durch körperliche Anstrengung, die täglich gefordert wird, eine solche Lebensarbeitsspanne undenkbar ist oder durch Verschleiß und gar nicht mehr zu leisten ist. Ich denke da auch beispielhaft an die Kranken- und Pflegekräfte.
Ich bin strickt gegen diese Erhöhung auf 70 Jahre. Für mich steht ein anderes Modell im Vordergrund, für welches ich mich auch einsetze.
Wir benötigen eine klare Zielmarke für den Eintritt in den Wohlverdienten Ruhestand, gepaart mit einer Berücksichtigung der Lebensarbeitsleistung, die auch einen früheren Ruhestand sicherstellt. Und eine Rente sichert, die das Leben lebenswert erhält.
Weiter kann ich mir einen flexibleren Renteneintritt vorstellen, bei all denen Berufstätigen, die das aufgrund ihrer Verfassung und Anforderungen noch können und viel wichtiger, auch wollen. Das führt nicht nur zu längeren Beitragszahlern, sondern es werden auch Kompetenzen und Fachkräfte länger der Wirtschaft zur Verfügung stehen.