Frage an Christian Carstensen von Ines E. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen
Guten Tag
Familiengründungen werden im Hartz4System mit Geld- und Raumentzug bestraft. Wie vereinbaren Sie es mit Ihrem "sozial-demokratischen" Wertesystem, dass Millionen Bürger in Hartz4Verhältnissen
-ohne ein gesetzlich verankertes Recht auf Arbeit (fair bezahlt)-
in Armut (536 Euro für Essen Mitte, Strom.../Person in sogenannten Bedarfsgemeinschaften!!), weitgehend ohne Bürgerrechte und in tagtäglicherAngst vor Schikanen leben müssen,
- ohne das System durch Eigenbemühungen verlassen zu können. Es gibt kein Recht auf Jobs.
Keine andere Behörde arbeitet mit Vordruckschreiben, die Drohungen enthalten, Bürgern das Existenzminimum zu entziehen, falls sie Fehler machen oder Widerstand versuchen.
Es gibt Alternativen.
Eine ist das bedingungslose Grundeinkommen. Es ist finanzierbar. Laut Spiegelumfrage waren 63,63 % der Bürger http://www1.spiegel.de/active/vote/fcgi/vote.fcgi?voteid=4342 dafür. Es würden durch Bürokratieabbau Milliarden eingespart, die für Rahmenbedingungen verwendbar sind.
Wie ist Ihre Position?
Freundliche Grüße Ines Eck
Sehr geehrte Frau Eck,
vielen Dank für Ihre Frage nach dem bedingungslosen Grundeinkommen als mögliche Alternative zu Hartz IV.
Seit einigen Jahren hat die Diskussion um ein bedingungsloses Grundeinkommen (BGE) eine neue Dynamik bekommen. Die einzelnen Modelle für ein BGE sind auf unterschiedliche Begründungszusammenhänge aufgebaut. Alle Modelle haben jedoch die gemeinsame Annahme zur Grundlage, dass es in unserer Gesellschaft nicht mehr genügend Arbeit gibt, sodass die soziale Grundsicherung neu ausgerichtet werden müsse. Wesentliches Element der meisten Ansätze ist die Bedingungslosigkeit der Grundleistung.
Ich bin kein Unterstützer des bedingungslosen Grundeinkommens, da meines Erachtens das BGE die Erwerbsintegration von Menschen eher verhindert, als diese zu unterstützen.
Arbeit gibt es in der Gesellschaft genug, z.B. im sozialen Bereich. Sie muss organisiert und gerecht verteilt werden. Deswegen halten die SPD-Bundestagsfraktion und ich an der Forderung der Vollbeschäftigung fest. Ein BGE entwertet die Leistung der arbeitenden Menschen und damit auch ihre Lebensleistung, weil – gerade im Bereich der Alterssicherung – die soziale Sicherung nicht mehr Ergebnis des eigenen Arbeitens ist.
Außerdem bin ich skeptisch, ob ein BGE finanzierbar ist. Je nach Berechnung und Modell wird im härtesten Fall das gesamte BIP umverteilt.
Ich setze mich für Mindestlöhne statt staatliche Lohnsubvention ein. Menschen, die Arbeit und existenzsichernde Löhne haben, brauchen kein Grundeinkommen. Außerdem sind soziale Problemlagen heute vielschichtiger - Armut ist nicht nur auf materielle Armut reduzierbar und deshalb nicht ausschließlich über soziale Transfers zu bekämpfen. Der Sozialstaat besteht nicht nur aus sozialen Transferleistungen. Der Sozialstaat stellt soziale Dienstleistungen wie z.B. Beratungen, Familienhilfen und Jugendeinrichtungen zur Verfügung. Fehlende Bildungschancen werden z.B. durch ein bedingungsloses Grundeinkommen nicht bekämpft.
Die SPD tritt stattdessen dafür ein, die bestehende Grundsicherung weiter zu entwickeln, damit die Bürgerinnen und Bürger abgesichert sind. Dazu gehört auch die Anhebung der Hartz IV Sätze, die am 1. Juli erfolgt ist.
Mit freundlichen Grüßen,
Christian Carstensen