Ich bin 59 Jahre alt, habe Jahre gearbeitet und beziehe leider Bürgergeld. Da ich anscheinend zu alt für den Arbeitsmarkt bin, bekomme ich trotz Bemühungen nur absagen. Wie gehen Sie damit um?

Sehr geehrte Frau W.,
Trotz Fachkräftemangels zeigen sich viele Unternehmen nach wie vor zurückhaltend bei der Einstellung älterer Arbeitnehmer. Dies liegt einerseits an Vorurteilen, wie der Annahme, dass ältere Beschäftigte weniger technikaffin oder anpassungsfähig an neue Software und Systeme seien oder häufiger krankheitsbedingt ausfallen.
Andererseits spielt auch die Rechtslage eine bedeutende Rolle. Besonders die im §1 des Kündigungsschutzgesetzes (KSchG) geregelte und umgangssprachlich als „Sozialauswahl“ bezeichnete Regelung ist zwar gut gemeint, aber in der Praxis oft problematisch. Verschiedene Urteile zeigen, dass es gerade bei betrieblich bedingten Kündigungen deutlich schwieriger sein kann, ältere Arbeitnehmer zu entlassen.
Zwar schützt diese Regelung langjährige Mitarbeiter, die bereits Jahrzehnte in einem Unternehmen tätig sind, doch sie hemmt gleichzeitig die Bereitschaft von Unternehmen, ältere Arbeitnehmer neu einzustellen. Der Grund: Sollte eine Kündigung erforderlich werden, gestaltet sich diese oft als unverhältnismäßig schwierig bis nahezu unmöglich.
Da sich dieses Instrument in der Praxis nicht bewährt hat, sprechen wir uns für eine Reform der Sozialauswahl aus. Diese sollte die Betriebszugehörigkeit berücksichtigen, nicht jedoch das Alter des Beschäftigten.
Mit freundlichen Grüßen,
Christian Abel