Frage an Christa Stewens von Michael W. bezüglich Raumordnung, Bau- und Wohnungswesen
Fragen zur Infrastruktur, Arbeits-, Ausbildungs- und Studienmöglichkeiten, sowie zur demographischen Entwicklung in Südostbayern:
1)
Täglich fahren laut Süddeutscher Zeitung zwischen Mühldorf und München 15.000 Menschen mit der Bahn. Laut Bahn passieren 11.000 Menschen den Bahnhof Mühldorf täglich. In Burghausen sind 25.000 Arbeitsplätze vom Ausbau der Infrastruktur abhängig. Wie werden Sie sich für den zweigleisigen Bahnausbau einsetzen?
Antwort:
2)
Was sagen Sie zu folgender Aussage des Bundesverkehrsministeriums: "Die gleichzeitige Realisierung aller im Streckenverlauf der so genannten *Magistrale für Europa* geplanten Ausbauten wäre zwar wünschenswert, ist derzeit aber wegen des Fehlens einer umfassenden und durchgängigen Finanzierung leider nicht möglich." ?
Antwort:
3)
Deutschland ist mit 6 Milliarden Euro größer Netto- Zahler in die EU- Kasse. Inwieweit sehen Sie Chancen, für den Bahnausbau Fördergelder aus Brüssel zu erhalten?
Antwort:
4)
Kann es sich Deutschland leisten, auf diese zu verzichten und den Ausbau nur mit deutschen, bayerischen Steuergeldern zu finanzieren?
Antwort:
5)
Welche Möglichkeiten bieten sich dem Freistaat Bayern ggf. in Vorleistung zu treten?
Antwort:
6)
Wie wollen Sie sich als Landtagsabgeordnete für die evtl. nötigen Mittel aus Berlin zur Verbesserung der Infrastruktur in Südostbayern einsetzen?
Antwort:
7)
Kommt die S-Bahn Salzburg nach Ostbayern und mit ihr evtl. qualifizierte Arbeits-, Ausbildungs- und Studienplätze in unsere Nähe?
Antwort:
8)
Können sich die Bürger, angesichts steigender Benzinpreise, nach Fertigstellung der A94 eine Fahrt mit dem Pkw überhaupt noch leisten?
Antwort:
9)
Wie sehen Sie die weitere Entwicklung der Region für Bevölkerung, Mittelstand, Arbeitsplätze und der Industrie in Burghausen ohne Verbesserungen der Verkehrsinfrastruktur bis 2030?
Antwort:
10)
Was bedeutet dies in Ihren Augen für die demographische Entwicklung
Südostbayerns?
Antwort:
Sehr geehrter Herr Wengler,
Bayern ist in seiner wirtschaftlichen Entwicklung auch in Zukunft abhängig von einer gut ausgebauten und funktionierenden Infrastruktur und dem damit erforderlichen Ausbau der Verkehrsachsen, deshalb werde ich mich auch weiterhin im Rahmen meiner Möglichkeiten für eine vernünftiges Verkehrsnetz einsetzen.
Bezüglich der von Ihnen angesprochenen Bahnlinie München-Mühldorf ist man sich mit den Unternehmen des Chemiedreiecks darin einig, dass der Ausbau der ABS 38 (München - Mühldorf - Freilassing) und insbesondere auch in das Chemiedreieck von herausragender Bedeutung für den Standort ist und schnellstmöglich realisiert werden muss. Anders können die prognostizierten erheblichen Zuwächse im Güterverkehr nicht aufgefangen werden. Eine weitere Verzögerung ist aus diesseitiger Sicht nicht akzeptabel. Das wurde auch Bundesverkehrsminister Tiefensee gegenüber in aller Deutlichkeit zum Ausdruck gebracht.
Der Freistaat selbst hat weder rechtliche Handhabe noch finanzielle Möglichkeiten, um diese Bundesaufgabe zu übernehmen. Für die Infrastruktur ist ausschließlich der Bund zuständig. Wir sollten jedoch gemeinsam mit den dort ansässigen Unternehmen alle Optionen in Betracht ziehen, um Bund und Bahn an ihren Zusagen festhalten zu können.
Die Ausbaustrecke München - Mühldorf - Freilassing - Grenze D/A ist Bestandteil des Bundesverkehrswegeplans 2003 und des Bedarfsplans Schiene. Eine aktuelle Kostenschätzung der DB für das Gesamtprojekt liegt bei 2,8 Mrd. €. Angesichts dieser Größenordnung ist eine Vorfinanzierung durch den Freistaat ausgeschlossen.
Bisher liegt ein Bau- und Finanzierungsvertrag zwischen Bund und DB AG nur für den Doppelspurabschnitt Ampfing - Mühldorf vor. Die DB AG hat jetzt durchgehendes Baurecht und die Arbeiten beginnen. Fertigstellung wird auf diesem Teilabschnitt für 2009/2010 angestrebt.
Zur Verbesserung der Anbindung des Chemiedreiecks sollen in einem nächsten Schritt drei weitere Doppelspurabschnitte und eine vorgezogene Elektrifizierung bis Burghausen realisiert werden:
- Für die Doppelspurabschnitte Markt Schwaben - Hörlkofen und Obergeiselbach- Dorfen hat der Freistaat einer Finanzierung auf der Grundlage des § 8 II Bundesschienenwegeausbaugesetz (BSchwAG) grundsätzlich zugestimmt (Landesquote für Nahverkehrsmaßnahmen = Bundesmittel, Land wird nur gehört, hat aber keine Durchsetzungsmöglichkeiten gegenüber der Bahn), da die Maßnahme aus Sicht des Freistaates prioritär ist. Zunächst ist allerdings der der Bund gefordert, eine ausreichende Höhe der bayerischen Quote sicherstellen. Vorzugswürdig wäre allerdings eine Finanzierung aus Fernverkehrsmitteln/Privatisierungserlösen, damit andere ("echte") Nahverkehrsprojekte nicht zurückgestellt werden müssen.
Eine Finanzierung des Ausbaus aus Landesmitteln ist nie in Aussicht gestellt worden und kommt angesichts der klaren Bundeszuständigkeit nicht in Betracht. Auch eine Vorfinanzierung ist aus diesseitiger Sicht nicht möglich, zumal die Regionalisierungsmittel erst in dieser Legislaturperiode gekürzt worden sind. Gerade im Hinblick auf die ABS 38 leistet der Freistaat mit den Planungen zum Erdinger Ringschluss (einschließlich München Ost - Markt Schwaben) bereits einen ganz erheblichen Beitrag.
Der Bund verlässt sich zunehmend darauf, dass die Länder einspringen und ihm seine Aufgabe zu Lasten ihrer Haushalte abnehmen - ohne, dass die Länder im Gegenzug irgendwelche Mitspracherechte erhielten. Die bisherigen Vorfinanzierungsprojekte sind besonders gelagerte Ausnahmefälle.
Wenn es keine gesetzliche Regelung zu Infrastrukturfinanzierung und Qualitätssicherung gibt (Bundesratsantrag v. 23.05.2008, dem der Freistaat beigetreten ist), dann ist sogar fraglich, inwieweit künftig noch Mittel für Nahverkehrsmaßnahmen zur Verfügung gestellt werden. Der Bund vertritt in den Verhandlungen mit der Bahn überhaupt nicht die klar artikulierten Interessen der Länder.
- Der Doppelspurabschnitt Mühldorf - Tüßling soll auf der Grundlage des § 8 I BSchwAG (Fernverkehrsausbau) finanziert werden. Hier muss zeitnah ein Bau- und Finanzierungsvertrag zwischen DB AG und dem Bund abgeschlossen werden.
- Zielsetzung ist, dieses Maßnahmenpaket bis 2015 zu realisieren. Die DB AG hat dies im "Masterplan Schiene Chemiedreieck Bayern" bekräftigt. Das ist jedoch nach den gegenwärtigen Planungen von Bund und Bahn noch nicht gewährleistet. Das StMWIVT befindet sich im Dialog insbesondere mit Wacker-Chemie, um gemeinsame Lösungen zu finden und Bund und Bahn in die Pflicht zu nehmen.
Der Freistaat erwartet vom Bund, dass er zusätzliche Mittel für dieses wichtige Vorhaben zur Verfügung stellt, damit zumindest die Anbindung des Chemiedreiecks bis 2015 erfolgen kann, insbesondere aus den Erlösen der anstehenden Teilprivatisierung der DB Mobility Logistics. Es kann nicht angehen, dass Erlöse zum Beispiel für Zukäufe im Ausland verwendet werden, solange der deutsche Bundesverkehrswegeplan derartig unterfinanziert ist und wichtige Projekte wie die ABS 38 finanziell nicht gesichert sind (Kerngeschäft DB AG!). Das betrifft auch den für eine Eigenkapitalerhöhung bei der Bahn vorgesehenen Anteil, der ebenfalls dem deutschen Schienenverkehr zugute kommen muss (vom Koalitionsausschuss und Bundestag so beschlossen, wird vom BMVBS aber ignoriert). Frau Staatsministerin Müller hat sich mit entsprechenden Forderungen an BM Tiefensee gewandt.
Langfristiges Ziel: durchgehender Ausbau (München Ost - Markt Schwaben viergleisig, Markt Schwaben - Freilassing zweigleisig, Freilassing - Grenze D/A: dreigleisig) und durchgehende Elektrifizierung, auch den Nebenast nach Burghausen.
Aus Sicht des Bundes ist ein durchgehender Ausbau München - Mühldorf - Freilassing- Grenze D/A erst erforderlich, wenn die Brennerachse (einschließlich Brenner Basis-Tunnel) ausgebaut ist. Der Freistaat Bayern lehnt das Junktim mit dem Brenner-Ausbau ab. Dem durchgehenden Ausbau der Schienenstrecke München - Mühldorf - Freilassing kommt ein eigener Verkehrswert zu (TEN-Vorhaben Nr. 17 Paris - München - Wien - Bratislava/Budapest).
Mit freundlichen Grüßen
Christa Stewens