Frage an Christa Reichwaldt von Martina T. bezüglich Wissenschaft, Forschung und Technologie
Sehr geehrte Frau Reichwaldt,
seit Einführung des Vorbereitungsdienstes in Niedersachsen, also seit nunmehr fast 35 Jahren, ergibt sich eine Benachteiligung der Lehrämter GHRS gegenüber den gymnasialen Lehrämtern, die in der Sache nicht gerechtfertigt ist.
Aus diesem Grund trete ich im Vorfeld der Landtagswahlen mit folgender Problematik bezüglich der Lehrerausbildung im Vorbereitungsdienst der unterschiedlichen Lehrämter an Sie heran:
Im gymnasialen Lehramt bilden Fachleiter (im gewissen Umfang auch „Mitwirker“) aus, die der Besoldungsstufe A15 zugeordnet sind. Sie besetzen eine Funktionsstelle (auf Lebenszeit), die am Studienseminar (= Dienststelle) anhängig ist.
Im GHRS-Lehramt werden Fachseminarleiter mit der Wahrnehmung der Ausbildungstätigkeit beauftragt. Die Beauftragung ist jederzeit widerrufbar. Für ihre Tätigkeit erhalten sie eine Stellenzulage von 150.—EUR auf ihr normales Lehrergehalt (A12 bzw. A13).
Die Gehaltsdifferenz zwischen einem Fachleiter und einem Fachseminarleiter belaufen sich demzufolge auf bis zu 1066.—EUR pM. Und diese bei gleicher Tätigkeit, die durch eine gemeinsame APVO festgeschrieben ist!
Wie stellen Sie sich / Ihre Partei zu dem dargestellten Problem?
Welche Maßnahmen werden Sie ergreifen, um der Problematik zu begegnen?
Eine weitere Ungerechtigkeit an den Studienseminaren der Lehrerausbildung betrifft die dort tätigen Verwaltungsangestellten, die vergütungsmäßig als Schreibkräfte unterster Lohngruppe behandelt werden, gleichwohl aber eigenverantwortliche Tätigkeiten in der Organisation des Vorbereitungsdienstes und der Durchführung von Staatsprüfungen wahrnehmen, die zumindest einer Sachbearbeitertätigkeit entsprechen.
Auch hier bitte ich um Ihre Stellungnahme.
Mit freundlichem Gruß
Martina Trojahn
Sehr geehrte Frau Trojahn,
vielen Dank für Ihre Anfrage zur zweiten Phase der Ausbildung der Lehrkräfte. Ich teile Ihre Empörung bezüglich der Ungerechtigkeit der Bezahlung in der Ausbildung. DIE LINKE kämpft dafür, dass gleiche Arbeit auch gleich bezahlt wird. Und die Ausbildung von Lehrerinnen und Lehrern an Grund- und Haupt- und Realschulen ist im Wesentlichen gleich, wenn man sie mit den Anforderungen an Lehrkräften an Gymnasien und Berufsbildenden Schulen vergleicht. Die pädagogischen Herausforderungen für alle Lehrkräfte sind immens, die Erwartungen an Schule werden von Seiten der Gesellschaft und der Eltern immer größer. Die zunehmende soziale Polarisierung unserer Gesellschaft zeigt sich auch im schulischen Alltag, was die Situation für die Lehrkräfte noch anspruchsvoller macht. Hier ist die Herausforderung für den GHRS-Bereich mitunter sogar größer als für den gymnasialen Bereich. Aus meiner Sicht gibt es daher keine überzeugenden Argumente für eine ungleiche Behandlung der ausbildenden Lehrkräfte.
Im Übrigen bleibt festzustellen, dass die Anzahl der FachleiterInnen auf A15-Stellen seit Jahren stagniert und das Billigmodell in der Ausbildung in Form von Mitwirkerinnen und Mitwirkerinnen ausgebaut wird. Dies geht aus meiner Kleine Anfrage aus dem Jahr 2008 hervor (Landtags-Drs. 16/962). Zwischen 2002 und 2008 ist die Zahl der FachleiterInnen von 377 auf 353 zurückgegangen, während die der MitwirkerInnen von 110 auf 289 sich mehr als verdoppelt hat. Die Zahl der FachseminarleiterInnen blieb konstant bei etwa 800.
Wir werden uns dafür einsetzen, dass die Lehrkräfteausbildung gründlich überarbeitet wird. Wir müssen von der schulformbezogenen Ausbildung wegkommen und durch eine schulstufenbezogene Ausbildung ersetzen, in der eine altersgerechte Pädagogik vermittelt wird. Eine unterschiedliche Behandlung von RealschullehrerInnen und GymnasiallehrerInnen wäre damit nicht mehr möglich. Ebenso muss aus Sicht der LINKEN über diese zweite Phase der Lehrerausbildung im wahrsten Sinne des Wortes "radikal" (=an der Wurzel packend) nachgedacht werden. Wieso brauchen AbsolventInnen und Absolventen eines Master-Studiengangs noch einmal einen 18-monatigen Vorbereitungskurs? Wenn dieser als unverzichtbar angesehen wird, muss in den fünf Jahren Studium, die davor liegen, etwas gründlich schief gelaufen sein. Aus unserer Sicht ist der Vorbereitungsdienst vor allem ein Sparmodell, der einer überlangen Probezeit gepaart mit einem Niedriglohn gleichkommt. Die jungen Lehrkräfte brauchen aus unserer Sicht eine strukturierte und begleitete Berufseinstiegsphase, in der sie selbstverständlich Unterstützung von erfahrenen Lehrkräften bekommen, die für diese zusätzliche Tätigkeit auch zusätzlich entlohnt werden müssen. Die Ausbildung der Lehrkräfte hört also nicht mit dem Studienabschluss auf.
Mit freundlichen Grüßen,
Christa Reichwaldt