Frage an Christa Goetsch von Peter W. bezüglich Bildung und Erziehung
Sehr geehrte Frau Goetsch,
Thema 1: Das Abitur nach 12 Jahren ist schlecht organisiert.
Mein Sohn besucht die 10. Klasse des Gymnasiums. Im Mai sind die Klausuren für die Mittlere Reife Prüfung. Nun hat uns der Schulleiter in einem Brief mit geteilt, dass der Lernstoff für Mathematik in den 3 Wochenstunden nicht gelehrt werden kann. Die Schüler sollen sich in Eigenarbeit auf die Prüfung vorbereiten.
Ein Lehrer biete dazu an 5 Sonnabenden 3 Stunden Nachhilfe gegen Bezahlung für die gesamte Klassenstufe an ( ca. 100 Schüler).
Die wöchentliche Arbeitsbelastung meines Sohnes beträgt ca. 48 Arbeitsstunden, Sport- und Freizeitkurse nicht berücksichtigt.
:
34 Stunden Schulunterricht
3 Stunden Mathe am Sonnabend
3 Stunden Nachhilfe in Französisch
5 Stunden Hausaufgaben
3 Stunden Vorbereitung für Klassenarbeiten, Referate, Tests
Ich habe dein Eindruck, dass die staatliche Schule den Anforderungen des Abiturs nach 12 Jahren nicht gewachsen ist und vieles ihrerer hoheitlichen Aufgaben dem privaten Bereich überlässt.
Frage 1: Was wollen und können Sie (ihre Partei) dagegen unternehmen?
Thema 2: Benachteiligung eines Abiturjahrganges. Übergangsregelungen für Abiturjahrgänge.
Mein Sohn ist im 1. Jahrgang des 12 jährigen Abiturs. Er hat das Recht einmal eine Stufe in der Oberstufe zu Wiederholen. Faktisch ist das nach Auskunft der Schule aber nicht möglich, da der folgende Jahrgang schon das Profilabitur macht und die Leistungskurse nicht mehr angeboten werden. 2. Nachteil Der erste Jahrgang des 12-jährigen Abiturs und der letzte Jahrgang des 13-jährigen Abiturs erreichen gleichzeitig das Abitur. Dieser Abiturjahrgang hat dann die doppelte Anzahl von Schülern, die sich dann in einer verschärften Konkurrenz um Studienplätze etc. befinden.
Frage 2. Wie will man diese Benachteiligungen auffangen? Wird es Übergangsregelungen geben?
Sehr geehrter Herr Wischhusen, sehr geehrter Herr Remstedt,
gestatten Sie, dass ich Ihre Fragen gemeinsam beantworte, da Sie beide nach dem Abitur nach 12 Jahren gefragt haben.
Vor einigen Tagen hatte der Bürgermeister Ole von Beust angekündigt, dass er sich für eine Kürzung 265 auf 251 Jahreswochenstunden einsetzen werde. Wir haben großen Zweifel daran, dass weniger Unterricht ein Ausweg aus der Krise beim G 8 ist. Wie will man mehr Förderung mit weniger Unterricht und Ressourcen erreichen? Dieser vermeintliche Ausweg aus der Krise der Gymnasien führt in die Irre. Alle Fachleute wissen, dass deutsche Schüler im internationalen Vergleich besonders wenig Unterricht haben. Meiner Meinung nach ist nicht der viele Unterricht das Problem, sondern die undurchdachte Einführung des G 8. Darum brauchen die SchülerInnen kurzfristig eine Entlastung, indem sie weniger Stoff durchpauken müssen und weniger Hausaufgaben aufbekommen - und indem sie wenn nötig besser und auch individuell gefördert werden. Langfristig brauchen sie eine echte Ganztagsschule. Gemeint ist damit eine Ganztagsschule, in der die Schülerinnen und Schüler mehr Unterricht, aber auch in einem besseren Rhythmus, Lernangebote, Arbeitsmöglichkeiten, Entspannung und Bewegung im schulischen Alltag hätten.
Die GAL schlägt daher vor, mit einem Krisengipfel, der Eltern, LehrerInnen und Schulbehörde an einen Tisch bringt, so schnell wie möglich für eine Entlastung der SchülerInnen zu sorgen. Dort müssen auch die Probleme mit dem Doppeljahrgang auf den Tisch. Wenn jetzt, entsprechend der wenig durchdachten Idee die Gesamtzahl der Unterrichtsstunden bis zum Abitur verringert wird, dann ginge das erneut zu Lasten der in der aktuellen Oberstufenentwicklung ohnehin gebeutelten "kleinen" Fächer wie Gemeinschaftskunde (PGW), Geographie, Musik und Kunst. Wir befürchten, dass auch die Naturwissenschaften unter die Räder kämen. Schon mit der Schulzeitverkürzung und jetzt zusätzlich mit der Einführung der CDU-Profiloberstufe hat der Senat die Fächer Biologie, Chemie und Physik schwer beschädigt. Der Mindestumfang des Unterrichts in diesen Fächern auf dem achtjährigen Weg zum Abitur ist um 340 Stunden geringer als früher. Diese zwanzigprozentige Kürzung steht in eklatantem Gegensatz zu den immer wieder diskutierten gesellschaftlichen und ökonomischen Notwendigkeiten.
Eine Oberstufe nach den Vorstellungen der GAL, die sich an die 9-jährige Gemeinschaftsschule anschließt, würde die Stufen 10 - 12 umfassen. Neu ist der Vorschlag, dass die Schüler vor Eintritt in die gymnasiale Oberstufe ein freiwilliges Vorbereitungsjahr angeboten bekommen. Dieses Jahr könnte entweder als erweiterte Vorbereitung für die Oberstufe, aber auch als Auslandsjahr genutzt werden. Gerade bei den für viele Schüler so erfahrungsreichen Auslandaufenthalten melden die Vermittlerorganisationen durch das Abi 8 einen starken Einbruch von TeilnehmerInnen.
Mit freundlichen Grüßen
Christa Goetsch