Frage an Christa Goetsch von Matthias P. bezüglich Soziale Sicherung
Sehr geehrte Frau Goetsch,
seit einiger Zeit ist in Deutschland und weit über die Grenzen hinweg eine interessante Diskussion um das Thema des "Bedingungslosen Grundeinkommen" zu beobachten. Renommierte Presönlichkeiten wie Herr Götz Werner, Herr Dr. Prof. Straubhaar vom Weltwirtschaftsinstitut und auch Herr Althaus stehen dieser Idee positiv gegenüber. Die Grünen hatten über das Bedingungslose Grundeinkommen an ihrem Parteitag ebenfalls diskutiert.
Nun meine Frage: Wie stehen Sie zu dieser Idee? Haben Sie sich inhaltlich bereits damit beschäftigt? Könnte dies ein interessantes neues Gesellschaftsmodell sein?
Mit freundlichen Grüßen,
Matthias Pätzold
Sehr geehrter Herr Pätzold,
Bei den GRÜNEN haben wir diese Fragen ausführlich und breit verankert in der Mitgliedschaft diskutiert. Auf dem letzten grünen Bundesparteitag im November 2007 in Nürnberg fand das Modell der bedingungslosen Grundsicherung keine Mehrheit. Statt dessen wurde die bedarfsorientierte Grüne Grundsicherung beschlossen, die sich deutlich von der jetzigen Hartz IV-Realität unterscheidet. Diesen Beschluss finde ich richtig, denn jeder Mensch muss sich darauf verlassen können, dass ihm im Bedarfsfall geholfen wird: schnell, unbürokratisch und existenzsichernd. Einige Kernelemente der Grünen Grundsicherung sind:
- die Anhebung des Regelsatzes auf 420 Euro
- der Schutz der Altersvorsorge
- die Erhöhung der Regelsätze für Kinder auf 300 bis 350 Euro
- die sog. Brücken-Existenzsicherung für begrenzte Zeit ohne Gegenleistung
Ich befürchte bei einigen Modellen des bedingungslosen Grundeinkommens eine Tendenz zum Abbau öffentlicher Infrastruktur. Die GRÜNEN wollen nicht, dass der Staat sich, wie zum Beispiel im Bürgergeld-Modell von Althaus, sich mit der Zahlung einer "Stilllegungsprämie" aus der Verantwortung die Teilhabe aller zu gewährleisten zurückzieht - und stattdessen auf die alleinige Verantwortung der Individuen verweist. Wir lehnen Grundeinkommens-Vorstellungen ab, die Erwerbslose quasi abfinden wollen, bisherige soziale Sicherungsleistungen dafür gegen rechnen und die Betroffenen mit der Verantwortung für die Schaffung gesellschaftlicher Zugänge alleine lassen.
Ein positiven Impuls der Forderung nach einem bedingungslosen Grundeinkommen ist ohne Zweifel die Kritik an einem System sozialer Leistungen, das den Menschen oft Misstrauen entgegen bringt und auf Kontrolle setzt. Wir möchten dagegen Raum schaffen für Selbstbestimmung und Respekt für mündige Bürgerinnen und Bürger auf ihren individuellen Lebenswegen. Das Konzept der Grünen Grundsicherung bietet dafür die gute Voraussetzungen.
Mit freundlichen Grüßen
Christa Goetsch