Frage an Christa Goetsch von Chrisdian W. bezüglich Kultur
Liebe Frau Goetsch!
In Hamburg soll mit 30 Mio € aus dem Stadt-Haushalt ein Museum des Schiffs- und Militariafreundes Tamm gebaut werden. Die Hamburger Künstlerschaft hat deshalb Patenschaften übernommen, um die Abgeordneten über Hintergründe der Sammlung zu informieren. Schließlich wird der Bau der "Kultur" zugerechnet - und da kann man verschiedene Auffassungen haben, was das denn sei und wofür staatliche Gelder ausgegeben werden sollten. Ich würde mich gerne in der nächsten Woche mit ihnen treffen um meiner Patenschaft gerecht zu werden und zu versuchen, daß diese für beide Seiten befriedigend abläuft. Von uns ist geplant über die Treffen einen künstlerischen Ausdruck zu finden und zu sammeln.
Ich freue mich auf eine Antwort!
Chrisdian Wittenburg
Sehr geehrter Herr Wittenburg,
herzlichen Dank für Ihre Anfrage und die interessante Kunst-Partnerschaft. Gerne mache ich einen Termin mit Ihnen aus.Bitte wenden Sie sich für die Terminabsprache an meine Referentin Frau Henze Tel. 42831-2811.
Unsere Fraktion hat sich in der Bürgerschaft zum Tamm-Museum enthalten. Die inhaltliche Begründung von unserem kulturpolitschem Sprecher Dr. Maier füge ich bei.
Mit freundlichem Gruß
Christa Goetsch
Maritim Museum
Senat trägt Verantwortung für Misstrauen
Wenn in Deutschland ein großes Schifffahrts- und Meeresmuseum entsteht, dann gehört es nach Hamburg. Dies ist die deutsche Stadt, die am stärksten mitgewirkt hat an der Herausarbeitung der einen Menschheit, die verbunden ist durch Handel und Verkehr, durch Arbeitsteilung, durch Nachrichten und Kommunikation und inzwischen sogar durch die allmähliche Herausbildung gemeinsamer Rechtsbegriffe.
Den größten Beitrag zur Menschheitszivilisation haben in Hamburg die Seeleute, Hafenarbeiter und Kaufleute geleistet. Anderswo in Deutschland sind die Begriffe und Bilder erarbeitet worden, in denen sich die Menschheit wiederfinden und verstehen kann: im Königsberg Immanuel Kants, im Weimar Goethes und Schillers, im Tübinger Stift. Der Hamburger Beitrag bestand in praktischer Arbeit bei der Herstellung der Menschheitsverbindungen.
Nicht verleugnen darf man dabei jedoch, dass dieser Vorgang häufig gewaltsam, blutig und unterdrückerisch verlief. Auch daran hatte Hamburg Anteil. Deswegen gehört die Marinegeschichte als Bestandteil der menschlichen Kulturgeschichte dazu, auch in dem Museum, das die Geschichte der Globalisierung auf den Meeren erzählt.
Ich halte es für richtig, wenn die Stadt daran mitwirkt, der Sammlung Tamm einen Rahmen zu geben. Auch der gewählte Standort ist gut: Im Herzen der Hafencity und in einem alten Kaispeicher, was zugleich ein Problem des Denkmalschutzes löst. Allerdings hat der Senat bei der Verhandlung mit der Stiftung schwere Fehler gemacht, die zu Besorgnis in der Bevölkerung führen:
1. Der Bürgerschaftsbeschluss über die Zuwendung an die Stiftung zur Finanzierung von Umbau und Umzug wurde kurz vor den überraschenden Neuwahlen von der Mehrheit der Bürgerschaft aus CDU, SPD, FDP und Schill durchgedrückt. Zur Erinnerung: Die GAL stimmte nicht zu und begründete das u.a. so: "Der Übergang von einer privaten Sammlung in eine öffentlich unterstützte Stiftung wird in der Satzung der Stiftung nicht ausreichend berücksichtigt. Dem Stifter Prof. Peter Tamm wird eine rundum autokratische Stellung garantiert. Das ist für ein öffentlich gefördertes Museum nicht angemessen."
Wenn eine private Sammlung in ein öffentliches Museum verwandelt werden soll, ist gut verständlich, dass der Sammler besorgt ist, sein Lebenswerk könnte ihm entfremdet werden. Dem soll die Satzung der Stiftung vorbeugen. Aber auch die Öffentlichkeit hat bei einem solchen Vorgang Ansprüche. Der Senat hat es versäumt, einen wissenschaftlichen Beirat mit echten Kompetenzen zu installieren. Nun entscheidet der Sammler autonom über die Präsentation seiner Sammlung. Das birgt hohe Risiken. Wenn Teilen der Hamburger Bevölkerung nun das Vertrauen in die angemessene Präsentation der Geschichte fehlt, ist das nachvollziehbar. Ob das Misstrauen gerechtfertigt ist, kann die Öffentlichkeit erst beurteilen, wenn das Museum seine Türen öffnet und sich der internationalen Kritik stellt. Aus eigenem Versagen hat der Senat bis zur Eröffnung des Museums im Jahr 2007 keine Möglichkeit, das Vertrauen der Bevölkerung zu gewinnen.
2. Die Satzung geht zu weit, wenn sie - nachdem Prof. Tamm umfassende Rechte im Vorstand und hinsichtlich des Kuratoriums der Stiftung eingeräumt wurden - in ihrem § 13 noch die zusätzliche Bestimmung enthält: "Solange der Stifter lebt, ist er berechtigt, die Satzung zu ändern." Nur zur Illustration: Von diesem Änderungsrecht wäre auch die Bestimmung betroffen, dass die Stiftung ihren Sitz in der Freien und Hansestadt Hamburg hat. Ich finde, wenn die Stadt sich unwiderruflich auf die Förderung des Museums durch 30 Mio. EUR Investitionsförderung und kostenlose Überlassung des Grundstückes einlässt, dann muss sich auch der Stifter unwiderruflich auf die Bedingungen einlassen, die im Vertrag mit der Stadt, aber eben auch in der Satzung der Stiftung festgelegt sind.
3. Bei der Finanzierung des Betriebs ist vorgesehen, dass Private ein Stiftungskapital aufbringen, das mit seinem Zinsertrag einen Beitrag zu den Betriebskosten einspielen soll. Das Stiftungskapital ist offenbar bei weitem noch nicht zusammen, als Säule in der Betriebskostenrechnung aber unverzichtbar.
4. Die Hamburger Museen haben nach herben Rückgängen der Besucherzahlen große Anstrengungen unternehmen müssen, um wieder mehr Menschen anzulocken. Das neue Schifffahrts- und Meeresmuseum wird von solchen Problemen nicht frei sein. Immerhin wird mit jährlich 200.000 Besuchern kalkuliert - das Museum für Hamburgische Geschichte erreicht mit seinen Außenstellen in etwa diese Zahl. Zumindest im ersten Jahr, wenn der Neuigkeitswert groß ist, könnten 200.000 Besucher erreicht werden. Aber ein Satz in der Konzeption des Museums macht mich misstrauisch: "Dieses Museum wird weniger durch Installationen und Effekte, sondern durch Originale und Authentizität überzeugen, da es über sensationelle Exponate verfügt." - Ich bin mir nicht sicher, ob in der Konzeptionierung des neuen Museums ausreichend bedacht ist, dass um Zuschauer immer neu geworben werden muss durch Veranstaltungen, die ein Museum zum Ereignis werden lassen.
Dr. Willfried Maier,
kulturpolitischer Sprecher der GAL-Fraktion