Charlotte Michel-Biegel
Bündnis 90/Die Grünen
Zum Profil
Frage stellen
Die Frage-Funktion ist deaktiviert, weil Charlotte Michel-Biegel zur Zeit keine aktive Kandidatur hat.
Frage von Jürgen V. •

Frage an Charlotte Michel-Biegel von Jürgen V. bezüglich Verbraucherschutz

Sehr geehrte Frau Dr. Charlotte Michel-Biegel,

ich hätte bzgl. dem bereits verabschiedeten ZugErschwG einige Fragen:

1. Wie hätten Sie abgestimmt, wenn Sie als Abgeordnete über den verabschiedeten Gesetzentwurf zum ZugErschG mit abstimmen hätten können?
2. Halten Sie ein Stopp-Schild für nützlich um den Missbrauch von Kindern zu verhindern?
Was sagen sie zu der Aussage zahlreicher Experten, dass das Stopp-Schild sogar von Laien innerhalb weniger Sekunden umgangen werden kann und, dass damit sogar Täter geschützt werden? Falls sie nicht der Meinung sind, das Stopp-Schild sei in der Praxis wirkungslos, inwieweit haben Sie einen informationstechnischen Hintergrund, dies besser als die erwähnten Experten beurteilen zu können?
3. Glauben bzw. befürworten Sie, dass diese Zensureinrichtung in naher Zukunft auch für andere Seiten(rechtsextreme Inhalte, "Killerspiele", Gewaltdarstellung) usw. genutzt werden wird?
4. Sehen Sie in dem verabschiedeten Gesetz einen Verstoß gegen Absatz 5 Artikel 1? Ich zitiere: "Eine Zensur findet nicht statt."
5.Glauben sie nicht, dass dieses Gesetz die Gewaltenteilung, die in Art. 20 des Grundgesetzes festgeschrieben ist, aufhebt, da keinerlei Kontrollmöglichkeit über das BKA besteht?

Vielen Dank im Voraus für Ihre Antwort!

Mit freundlichen Grüßen,
J. Vejmelka

Antwort von
Bündnis 90/Die Grünen

Sehr geehrter Herr Vejmelka,

vielen Dank für Ihre Fragen vom 17.08.2009.
Leider bin ich gerade bei diesem Thema selbst keine Expertin, ich hätte mich bei dieser Abstimmung aber hinter die Position meiner Partei gestellt und

1. den Gesetzentwurf abgelehnt.

2. Ich persönlich halte das STOPP - Schild für Augenwischerei, die Regierung wollte der Öffentlichkeit Ihre Handlungsfähigkeit beweisen und mit "schnellem, unbürokratischen" Handeln einen großen Schritt gegen den sexuellen Missbrauch von Kindern gehen. Die einheitliche Expertenmeinung besagt aber, dass dieses Stopp - Schild niemanden ernsthaft von dem Besuch dieser einschlägigen Seiten abhält; man kann die Situation durchaus mit dem kindlich-naiven Zuhalten der Augen zum Ausblenden eines Problems vergleichen.
Klassische Internetseiten, welche ja allein von diesem Gesetz betroffen sind, stellen meiner Meinung nach sowieso nur einen von vielen möglichen Distributionswegen dar, die Pädophile zur Verbreitung von kinderpornographischem Material nutzen. Selbst Organisationen wie Carechild stellen sich auf die Seite der Gegner dieses Gesetzes, ein von ihnen durchgeführter Versuch zur Wirksamkeit ist nur ein Beispiel von vielen:
http://www.carechild.de/news/politik/internetzensur_carechild_versuch_blamiert_deutsche_politiker_566_1.html

3. In diesem Punkt liegt meiner Meinung nach die große Gefahr, die dieses Gesetz neben seiner Wirkungslosigkeit mit sich bringt! Nur um ein Beispiel zu nennen, Dieter Wiefelspütz, MdB (SPD) brachte im Juni die Möglichkeit der Sperrung anderer Webseiten mit "kriminellen Vorgängen" wie verfassungsfeindlichen oder islamistischen Inhalten. Die Gefahr einer schnellen Ausweitung der Liste auf Seiten mit Inhalten wie von Ihnen beispielhaft genannt ist nicht nur möglich, sondern wahrscheinlich.

4. Aus o.g. Gründen halte ich die Gefahr für eine schleichende Zensur des Internets für sehr wahrscheinlich.

5. Nach der neuesten Fassung des Gesetzes ist ein Gremium zur Überwachung der Liste geplant. Dies ändert jedoch nichts an der Wirkungslosigkeit solcher Websperren und schließt eine mittel- bis langfristige Ausweitung ebensowenig aus.

Mit freundlichen Grüßen

Charlotte Michel-Biegel