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Caspar M. Schneiders
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Frage von Tom S. •

Hallo Herr Schneiders, welche Relevanz haben aus Ihrer Sicht DSA/DMA? Wie kann eine effektive Durchsetzung in Deutschland sichergestellt werden?

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Antwort von
Partei der Humanisten

tl;dr: DSA & DMA sind richtige und wichtige Gesetze, um Digitalkonzerne zu regulieren und Nutzerrechte zu stärken. Die Umsetzung in Deutschland wird jedoch schwierig, da die Verwaltung technisch hinterherhinkt und es an digitaler Fachkompetenz fehlt. Wird die Umsetzung nicht klug gemacht, drohen Overblocking, Bürokratiechaos und Einschränkungen für ein freies Internet.


Hallo Herr S.,

vielen Dank für Ihre Frage! Sie sprechen mit dem Digital Services Act (DSA) und dem Digital Markets Act (DMA) zwei der wichtigsten digitalen Gesetzesinitiativen der letzten Jahre an. Beide sind zentrale Werkzeuge, um faire Wettbewerbsbedingungen in der Digitalwirtschaft herzustellen, Plattformen transparenter zu machen und Nutzerrechte zu stärken.

Denn das Internet ist längst ein öffentlicher Raum, doch während für unsere Städte und Straßen klare Regeln gelten, konnten Digitalkonzerne in diesem Raum ihre eigenen Spielregeln festlegen. Sie entscheiden, welche Inhalte sichtbar sind, welche Unternehmen und Produkte eine Chance auf Erfolg haben und welche Daten gesammelt und verwertet werden. Dabei geht es nicht um demokratische Prinzipien oder fairen Wettbewerb, sondern um Profitmaximierung und Marktkontrolle.

DSA und DMA sollen das ändern:

  • Der DSA verpflichtet Plattformen erstmals zu echter Verantwortung und schreibt klare Regeln gegen Desinformation, illegale Inhalte und intransparente Algorithmen vor.
  • Der DMA begrenzt die Macht der großen Digitalkonzerne: Er verhindert, dass sich Unternehmen wie Google, Apple oder Meta systematisch Wettbewerbsvorteile verschaffen, indem sie ihre eigenen Plattformen bevorzugen oder Konkurrenten ausbremsen.

Diese Gesetze sind überfällig, denn Europa muss sich in der digitalen Welt endlich eigenständig behaupten. Wir brauchen weder einen staatlich zensierten Raum wie in Russland oder China noch einen von Konzernen regierten Plattformkapitalismus wie in den USA. DSA und DMA sind der Versuch, einen dritten Weg zu gehen: ein freies, sicheres und faires Internet, das sich am Gemeinwohl orientiert und nicht an Monopolinteressen.

Das Ding ist, ein Gesetz ist nur so gut wie seine Umsetzung. Regeln allein reichen nicht sondern es braucht auch die Durchsetzung. Ohne wirklich empfindliche Strafen für die Unternehmen, Fachkompetenz in den Behörden und maximale Transparenz bleiben diese Gesetze zahnlose Papiertiger. Und genau hier lauert die eigentliche Gefahr, denn wenn der Druck zu groß wird, könnten Plattformen aus Angst vor Strafen massenhaft Inhalte sperren. Dann landen wir nicht bei mehr Freiheit, sondern bei Overblocking und plötzlich ist das Internet nicht mehr frei, sondern gefiltert.

Meiner Meinung nach müssen die Plattformen Verantwortung übernehmen, aber wir dürfen nicht zulassen, dass unliebsame Meinungen oder kritische Inhalte unter vorgeschobenen Begründungen verschwinden. Sonst haben wir am Ende genau das, was wir in Russland oder China sehen, nämlich ein Internet, in dem staatliche oder wirtschaftliche Interessen darüber entscheiden, was gesagt werden darf und was nicht. 

Die Umsetzung in Deutschland: Digitale Identität vs. analoge Realität

Eine digitale ID kann eine großartige Lösung sein, wenn sie den Menschen dient und nicht als Kontrollinstrument missbraucht wird. Die PdH setzt sich dafür ein, dass alle Nutzerinnen und Nutzer selbst entscheiden können, wer wann welche Daten einsehen und verarbeiten darf. Ob Name, Adresse oder Zahlungsinformationen, alles sollte gezielt freigegeben und wieder entzogen werden können.

Aber: Anonymität im Netz muss erhalten bleiben. Ein freies Internet lebt von der Möglichkeit, sich unabhängig und ohne Angst vor Repressionen zu informieren und auszutauschen. Menschen finden Wege, Zensur zu umgehen – selbst in Ländern wie Russland oder China. Deutschland bzw. Europa sollte nicht den Fehler machen, ein System zu entwickeln, das am Ende mehr Überwachung als Freiheit bringt.

Und dann ist noch die Realität: Während andere Länder längst moderne digitale Verwaltungssysteme haben, arbeiten unsere Finanzämter noch immer mit Strukturen aus den 90ern. Die Erfahrung zeigt: Wenn der Staat hier etwas umsetzt, dann oft langsam, teuer und unpraktisch. (Grüße an der Stelle an Christian Lindner. Der digitale Fortschritt in Deutschland? “Mit uns gibt’s keine Steuererhöhungen” und offenbar auch keine funktionierenden Finanzämter. Digitalisierung? Kann warten. Hauptsache, der Porsche fährt.) Das betrifft nicht nur die digitale Identität, sondern auch die Durchsetzung von DSA und DMA. Beide Gesetze versprechen mehr Transparenz und faire Wettbewerbsbedingungen, doch in einem Land, das es seit Jahrzehnten nicht schafft, seine Verwaltung zu digitalisieren, droht auch hier eine katastrophale Umsetzung. Es reicht nicht, ambitionierte Gesetze zu verabschieden – sie müssen auch so umgesetzt werden, dass sie wirken.

Denn was passiert, wenn die Behörden überfordert sind? Entweder passiert gar nichts oder Plattformen überreagieren. Dann werden aus Angst vor Strafen vorsorglich Inhalte gesperrt, legitime Diskussionen eingeschränkt und Innovation erstickt. Eine Gesetzgebung, die auf dem Papier fair klingt, kann so am Ende genau das Gegenteil von Freiheit bewirken.

Bevor wir also von komplexen digitalen Identitätslösungen und einer stringenten Umsetzung von DSA & DMA träumen können, müssen wir erstmal die Basics der digitalen Verwaltung auf die Reihe bekommen. Sonst droht die nächste technische Totgeburt – wie der elektronische Personalausweis, der zwar existiert, aber im Alltag kaum sinnvoll genutzt wird.

Fazit: Gute Gesetze, schlechte Umsetzung?

Deutschland hinkt bei der Digitalisierung seit Jahrzehnten hinterher. Und wenn schon die Finanzämter nach über 30 Jahren noch nicht vollständig digital arbeiten – wie soll dann ein komplexes System wie eine sichere, nutzerfreundliche digitale ID oder die effektive Kontrolle von DSA und DMA funktionieren?

Digitale Souveränität wird nur dann Realität, wenn die Verwaltung endlich modernisiert wird. Das heißt: Weniger Bürokratie, effizientere Prozesse und eine sinnvolle Verzahnung von Technologien. Sonst erleben wir dasselbe Chaos wie bei bisherigen Digitalisierungsversuchen: eine Mischung aus halbfertigen Insellösungen, überbordender Regulierung und ineffizienter Umsetzung.

Eine digitale ID mit echter Kontrolle für die Nutzer wäre großartig, aber in Deutschland derzeit Wunschdenken. Bevor wir hochkomplexe Systeme einführen, müssen wir erstmal die Grundlagen der digitalen Verwaltung auf Vordermann bringen. Sonst wird auch DSA und DMA nicht mehr als ein ambitioniertes Konzept bleiben und wir sind wieder genau da, wo wir seit Jahrzehnten feststecken.

Wenn wir als Gesellschaft nicht selbst gestalten, tun es andere – sei es durch Konzerne, die Profit über Nutzerrechte stellen, oder durch Bürokratien, die Innovation verhindern.

Wir brauchen eine Partei, die Digitalisierung nicht als PR-Gag verkauft, sondern als das begreift, was sie ist: Die Grundlage für Transparenz, Gerechtigkeit und eine freie Zukunft.

Deshalb PdH!

Beste Grüße
Caspar Schneiders