Frage an Carolin Butterwegge von Max E. bezüglich Jugend
Sehr geehrte Frau Butterwegge,
in Rauschendorf/Königswinter wurde einer Kindergartenleiterin durch den Träger, den katholischen Kirchengemeindeverband, gekündigt, weil sie nach einer Trennung mit ihrem neuen Partner zusammengezogen ist. Der Elternbeirat fordert mit zahlreichen weiteren Unterstützern im Ort, dass die Kündigung der beliebten Erzieherin zurückgenommen wird. Die Eltern halten es für nicht zeitgemäß, dass das Kinderbildungsgesetz in einem solchen Fall keine Einflussmöglichkeiten von Eltern und Kommunen auf die Trägerschaft vorsieht, zumal die Finanzierung in Rauschendorf nur durch Stadt und Eltern erfolgt (die Stadt Königswinter übernimmt den Trägeranteil und zahlt zusätzlich noch 2% für den Verwaltungsaufwand).
Sehen Sie eine Möglichkeit, etwas an diesem Zustand zu ändern und den Eltern zu helfen, ggfs. in anderer Trägerschaft die Leiterin halten zu können? Ist es vorstellbar, eine Änderung der gesetzlichen Grundlagen herbeizuführen, damit in öffentlich finanzierten Einrichtungen auch die grundgesetzlich garantierten Freiheitsrechte gewährt werden?
Mit freundlichen Grüßen
Max Ehlers
Sehr geehrter Herr Ehlers,
der von Ihnen beschriebene Fall ist ein handfester Skandal, der auch bereits bundesweit für Schlagzeilen gesorgt hat. Die "Zeit" schreibt zu Recht, dass dieser Fall zeigt, "wie die christlichen Kirchen ihr eigenes Recht durchsetzen" [ http://www.zeit.de/gesellschaft/zeitgeschehen/2012-02/kirche-christen-berufsfreiheit ]. Ich lehne die Kündigung der Kindergartenleiterin und das Vorgehen des katholischen Trägers entschieden ab und unterstütze den Protest des Elternbeirates.
DIE LINKE kritisiert bereits seit längerem, dass das sog. kirchliche Selbstbestimmungs- und Selbstverwaltungsrecht über die sozialen Rechte der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer gestellt wird. Wir setzen uns dafür ein, dass Beschäftigte der kirchlichen Einrichtungen die gleichen Rechte bekommen wie alle anderen Arbeitnehmer/innen auch [vgl. http://www.die-linke.de/nc/dielinke/nachrichten/detail/artikel/nicht-erst-im-himmelreich/ ]. Das heißt: Privates bleibt Privat und darf nicht durch den Arbeitgeber sanktioniert werden.
Doch solange das kirchliche Sonderrecht weiter gilt, solange ist in Ihrem konkreten Fall eine direkte Abhilfe nur möglich, wenn die Kindertageseinrichtung nicht länger in Trägerschaft des katholischen Kirchengemeindeverbandes betrieben wird. Wenn die Kindertageseinrichtung von der Stadt, einem anderen freien Träger oder einer Elterninitiative übernommen wird, kann die Kindergartenleiterin wieder eingestellt werden. Denn hier gelten grundlegende arbeitsrechtliche Standards.
Wenn eine Kindertageseinrichtung von einer Elterninitiative getragen wird, sind zudem auch die Zuschüsse des Landes NRW höher. Die entsprechenden Regelungen finden Sie in § 20ff des Kinderbildungsgesetzes (KiBiz) NRW. Sollten Sie hierzu weitere Fragen haben, möchte ich Sie bitten, sich direkt an mein Büro zu wenden. Sie erreichen mich unter 0211 884 4617 oder carolin.butterwegge@landtag.nrw.de .
Im Landtag NRW werde ich im weiteren Reformprozess des Kinderbildungsgesetzes NRW sehr genau darauf achten, dass das Land NRW die Trägeranteile der Kirchen nicht weiter absenkt und selbst übernimmt, so wie dies bereits aus der evangelischen Kirche heraus gefordert wird. Stattdessen werde ich mich dafür einsetzen, dass die finanzielle Förderung von Trägern auch an die Einhaltung grundlegender arbeits- und sozialrechtlicher Standards geknüpft ist. Dazu gehört vor allem, dass Arbeitnehmer/innen in der Gestaltung ihrer privaten Lebensführung frei sind. Eine entsprechende Regelung ist grundsätzlich möglich. Allerdings müssen hier auch die Regierungsfraktionen von SPD und Grünen hier mitziehen.
Für Rückfragen stehe ich Ihnen gerne zur Verfügung.
Mit solidarischen Grüßen
Carolin Butterwegge