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Carola Veit
SPD
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Frage von Marie E. •

Frage an Carola Veit von Marie E. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

Sehr geehrte Frau Veit,

ich verfolge seit einiger Zeit die Diskussion um das Feierabend-Parlament in den Medien. Hamburg ist das einzige Bundesland mit einem solchen Parlament.
Sind sie dafür oder dagegen?
Nennen Sie bitte Gründe!

Vielen Dank und mit freundlichen Grüßen,
Marie Erdmann

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Antwort von
SPD

Sehr geehrte Frau Erdmann,

das sogenannte Feierabend-Parlament heißt zwar so, ist aber eigentlich gar keins.

Nehmen Sie als Beispiel meinen Terminkalender der kommenden Woche: Montag Fraktionssitzung (ca. drei Stunden), Dienstag Verfassungsausschuss (ab 17 Uhr, vorher tagt der Arbeitskreis), Mittwoch von 15 bis ca. 22 Uhr Parlament, Freitag um 16.30 Uhr Stadtentwicklungsausschuss. Der Familienausschuss, dem ich auch angehöre, tagt ausnahmsweise nicht. Jede der Sitzungen braucht wenigstens ein Mindestmaß an Vorbereitung.

Wenn man außerdem Wahlkreis-Arbeit ernst nimmt, was ich tue, kommen auch da noch etliche Termine zusammen, die ich aus Datenschutzgründen nicht näher bezeichnen will: Montag um 9 Uhr, Dienstag um 10 Uhr, Mittwoch (wie immer) ab 10 Uhr Sprechstunde in meinem Abgeordnetenbüro, Donnerstag tagt abends der SPD-Kreisvorstand, und Sonnabend hat meine Fraktion eine Klausurtagung angesetzt.

Ich muss dazusagen, dass ich diese Vormittagstermine zur Zeit wahrnehmen kann, weil ich demnächst mein zweites Kind erwarte und mich schon im Mutterschutz befinde. Sonst fänden die Besprechungen natürlich am Abend statt.

Das sind (ohne die Parteitermine) rund 25 Stunden in der Woche, und dabei ist die Zeit für Aktenstudium, Zeitungen lesen etc. nicht mitgerechnet. In manchen Wochen gibt es mehr Termine (in einigen, zum Beispiel während der Parlamentsferien, natürlich auch weniger), und Wegezeiten kommen natürlich auch noch dazu.

So gesehen, ist es kein Wunder, dass das Feierabend-Parlament viele Menschen ausschließt: Frauen mit Kindern zum Beispiel, wenn sie nicht – wie ich – einen Mann haben, der die Familienarbeit mit ihnen teilt. Oder Menschen in der Aufbauphase ihres Berufslebens, die sich zwischen der beruflichen oder der – womöglich kurzlebigen – politischen Karriere entscheiden müssen. Familienfeindlich ist ein Feierabendparlament ohnehin – weil die Sitzungen eben anfangen, wenn der Kindergarten schließt und die restliche Familie sichum den Abendbrottisch versammelt.

Dies spräche ganz sicher für ein hauptamtliches Parlament. Oder für eines, das in Teilzeit beim Volk beschäftigt ist.

Andererseits wäre zum Beispiel ich dann nicht Abgeordnete. Ich war bei meiner Wahl Rechtsreferendarin, und ich hätte den Abschluss meiner Ausbildung sicher nicht aufgegeben, um eine andere hauptamtliche Tätigkeit aufzunehmen.

Wir wünschen uns, dass das Parlament gewissermaßen die Bevölkerung spiegelt – das lässt sich natürlich nur ansatzweise verwirklichen – aber wir haben doch, über alle Parteien, Abgeordnete, die täglich in ganz verschiedenen Berufsfeldern wirken und diese Erfahrungen einbringen.

Insofern kann ich keine „entweder – oder“ Antwort geben. Ich denke, wir kommen so auf einen (zu versteuernden) Stundenlohn von etwa 20 € - Vor- und Nachbereitungszeiten nicht mitgerechnet. Das ist nicht üppig; unsere Diäten sind die niedrigsten von allen Landtagen der
Bundesrepublik. Ich glaube aber, das hat auch zur Folge, dass wir Hamburger Abgeordneten ein Stück weit unabhängiger von der Politik sind als Vollzeitparlamentarier.

Aber dass meine Vorgängerinnen und Vorgänger den richtigen Plan fallen gelassen haben, auch Sozialversicherungsbeiträge für die Abgeordnetenzeit einzufordern, war aus meiner Sicht ein Fehler. Dass mir und vielen Kollegen am Ende die Parlamentsjahre bei der Rente fehlen werden, empfinde ich als ungerecht.

Mit freundlichen Grüßen
Carola Veit, MdHB

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