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Frage von Sandra G. •

Frage an Carola Reimann von Sandra G. bezüglich Gesundheit

Sehr geehrte Frau Dr. Reimann,

Anfang Juni 2011 kamen Schüler der Oberstufe aus Hessen und Rheinland-Pfalz zum Schülerparlament der Initiative Wissenschaft im Dialog zusammen. Zum Thema Gesundheitsforschung erarbeiteten die 80 Teilnehmer Forderungen und Thesen, die sie dann im Plenum diskutierten und verabschiedeten. Eine der Arbeitsgruppen beschäftigte sich mit der internationalen Dimension von Gesundheitsforschung. Sie diskutierte über die zu ergreifenden Maßnahmen, um die Versorgung der Menschen in den betroffenen Ländern sicherzustellen und zu verbessern.

Anschließend finden Sie die erarbeiteten Forderungen der Schüler. Wir würden uns sehr freuen, wenn Sie kurz dazu Stellung nehmen könnten.

Forderungen:
1. Der Verkauf von Patentrechten an Pharmakonzerne soll an Bedingungen der Forscher (z.B. gestaffelte Preise) geknüpft werden.

2. Evergreening soll verhindert werden, indem die Patentvergabe nur bei innovativen Veränderungen erlaubt wird, etwa bei einer drastischen Verminderung der Nebenwirkungen oder bei nachweislich verbesserten Wirkungen.

3. Neue Anreize zur Förderung von Forschung und Entwicklung müssen geschaffen bzw. ausgebaut werden, beispielsweise durch Wettbewerbe und Preisausschreibungen.

4. Durch Einbeziehung der Öffentlichkeit soll der Druck auf die Pharmakonzerne erhöht werden, um tragbare Preise für die Bedürftigen in Entwicklungsländern zu erwirken, aber auch um mehr Transparenz zu gewährleisten.

5. Sogenannte “Product development partnerships” (PDP) sollen durch konkrete und international verabschiedete Maßnahmen besser unterstützt und subventioniert werden.

6. Um effektivere Hilfe zu gewährleisten, muss die Kooperation internationaler Hilfsorganisationen verbessert werden.

7. Parallel dazu müssen Präventionsmaßnahmen ergriffen werden, die den Ausbruch vermeidbarer Krankheiten verhindern sollen, beispielsweise die Verbesserung der Aufklärungsarbeit, Hygienebedingungen oder Infrastruktur.

mit freundlichen Grüßen,
Sandra Golz /WiD

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Antwort von
SPD

Sehr geehrte Frau Golz,

vielen Dank für Ihre Anfrage auf abgeordnetenwatch.de. Sie bitten mich darin um eine Stellungnahme zu den Ergebnissen des diesjährigen Schülerparlaments in Mainz zum Thema „Zukunft der Gesundheitsforschung“. Eines möchte ich gerne vorweg nehmen: Ich freue mich immer wieder, wenn sich Schülerinnen und Schüler in einem parlamentarischen Planspiel mit konkreten Fragen aus Politik und Gesellschaft auseinandersetzen. Es ist für mich als Vorsitzende des Gesundheitsausschusses umso erfreulicher, dass sie sich dieses Mal mit dem spannenden Politikfeld der Gesundheitsforschung auf internationaler Ebene befasst haben.

Der Forderungskatalog ist recht umfangreich, deswegen sehen Sie mir bitte nach, wenn ich auf die Forderungen an dieser Stelle nur verkürzt antworten kann.

1. Der Verkauf von Patentrechten an Pharmakonzerne soll an Bedingungen der Forscher (z.B. gestaffelte Preise) geknüpft werden. Die Europäische Union hat zur Verwirklichung der Ziele des Aktionsprogramms „Beschleunigte Aktion zur Bekämpfung von HIV/Aids, Malaria und Tuberkulose im Rahmen der Armutslinderung" ein Verfahren eingeführt, das es der pharmazeutischen Industrie ermöglicht, den Entwicklungsländern grundlegende Arzneimittel zu ermäßigtem Preis zu verkaufen. Oberstes Ziel ist es, den Entwicklungsländern den Zugang zu den grundlegenden Arzneimitteln für die Bekämpfung der wichtigsten übertragbaren Krankheiten zu erleichtern. Die Strategie ist aufgegangen - durch intensive Gespräche zwischen Politik, Forschern und Pharmakonzernen wurden gestaffelte Preise für lebenswichtige Medikamente möglich gemacht.

2. Evergreening soll verhindert werden, indem die Patentvergabe nur bei innovativen Veränderungen erlaubt wird, etwa bei einer drastischen Verminderung der Nebenwirkungen oder bei nachweislich verbesserten Wirkungen. Evergreening zielt darauf ab, Patente vom auslaufenden Patentschutz mittels Schutzrechtsanmeldung durch marginale Änderungen zu bewahren. Die Forderung ist daher ein guter Ansatz, den Wettbewerb anzukurbeln und nur für echte Innovationen höhere Preise zu zahlen. Inwiefern eine Veränderung als „drastisch vermindert“ oder „nachweislich verbessert“ eingeordnet werden kann, sollte aber Aufgabe der Patentämter bleiben.

3. Neue Anreize zur Förderung von Forschung und Entwicklung müssen geschaffen bzw. ausgebaut werden, beispielsweise durch Wettbewerbe und Preisausschreibungen. Herausragende und innovative biomedizinische Forschung ist ohne grenzüberschreitende Zusammenarbeit der Wissenschaftler nicht mehr denkbar. Beispielsweise fördert das Gesundheitsforschungsprogramm diese Zusammenarbeit durch den gemeinsamen Aufbau von Forschungsinfrastrukturen, die Verbindung von Forschenden und Institutionen über Grenzen hinweg und die internationale Koordinierung von Forschungsprogrammen. Ein besonderer Fokus liegt auf der Erforschung vernachlässigter und armutsbedingter Krankheiten in Kooperation mit Entwicklungsländern. Das Rahmenprogramm ist Grundlage der Finanzierung medizinischer Forschung an Hochschulen, Universitätskliniken, außeruniversitären Forschungseinrichtungen und in der Wirtschaft.

4. Durch Einbeziehung der Öffentlichkeit soll der Druck auf die Pharmakonzerne erhöht werden, um tragbare Preise für die Bedürftigen in Entwicklungsländern zu erwirken, aber auch um mehr Transparenz zu gewährleisten. Mehr Transparenz im Gesundheitswesen bedeutet mehr Druck auf alle Akteure, denn insbesondere die Korruption im Gesundheitswesen lässt jedes Jahr allein in Deutschland erhebliche Summen verloren gehen. Gemeinsam mit der SPD-Bundestagsfraktion habe ich dazu den Antrag "Korruption im Gesundheitswesen wirksam bekämpfen" http://dipbt.bundestag.de/dip21/btd/17/036/1703685.pdf in den Deutschen Bundestag eingebracht.

5. Sogenannte “Product development partnerships” (PDP) sollen durch konkrete und international verabschiedete Maßnahmen besser unterstützt und subventioniert werden.

und

6. Um effektivere Hilfe zu gewährleisten, muss die Kooperation internationaler Hilfsorganisationen verbessert werden.

und

7. Parallel dazu müssen Präventionsmaßnahmen ergriffen werden, die den Ausbruch vermeidbarer Krankheiten verhindern sollen, beispielsweise die Verbesserung der Aufklärungsarbeit, Hygienebedingungen oder Infrastruktur. Armutsbedingte, vernachlässigte Krankheiten sind auch heute noch dafür mitverantwortlich, dass die Lebenserwartung in den Entwicklungsländern bis zu 30 Jahre unter der Lebenserwartung in Industriestaaten liegt. Jahr für Jahr sterben Millionen Menschen an Krankheiten, die vermeidbar oder behandelbar wären.

Preiswerte Arzneimittel allein helfen auch dann nicht, wenn die Menschen nicht in der Lage sind, durch die Bedingungen vor Ort (Infrastruktur, Wasserversorgung, etc.) hygienische Grundregeln einzuhalten. Wichtiger ist daher die Verbesserung der Zustände vor Ort, welche in Deutschland der Zuständigkeit des Entwicklungshilfeminsteriums unter Dirk Niebel (FDP) fällt. Seit dessen Amtsamtritt ist das Ministerium jedoch ein Schatten seiner selbst. Niebel führt die deutsche staatliche Entwicklungszusammenarbeit zurück in die entwicklungspolitische Steinzeit. Er lehnt moderne Instrumente der Entwicklungszusammenarbeit, wie etwa die Budgethilfe, ab. Er schwächt sinnvolle multilaterale Zusammenarbeit und setzt allein auf kleinteilige bilaterale Projektarbeit mit aufgesetztem deutschen Fähnchen und betreibt Entwicklungspolitik zunehmend als Außenwirtschaftspolitik.

Wir brauchen eine verbesserte internationale Zusammenarbeit in allen Bereichen, wenn wir die Gesundheitsforschung und -versorgung sowohl in den Entwicklungsländern als auch bei uns voranbringen möchten. Für eine bessere Gesundheitsversorgung in den Entwicklungsländern habe ich deshalb gemeinsam mit der SPD-Bundestagsfraktion den Antrag „Deutschlands Verantwortung für die Gesundheit in Entwicklungsländern - Vernachlässigte Krankheiten bekämpfen, Kinder- und Müttersterblichkeit verringern und Globalen Fonds stärken“ http://dipbt.bundestag.de/dip21/btd/17/021/1702135.pdf in den Deutschen Bundestag eingebracht.

Mit freundlichen Grüßen

Dr. Carola Reimann, MdB