Frage an Carola Reimann von Sebastian N. bezüglich Innere Sicherheit
Sehr geehrte Frau Dr. Reimann,
ich wende mich hier an Sie um ihre Position bezüglich der Änderung des Telemediengesetzes nach dem Gesetzentwurf des Bundeskabinetts vom 22.4.09 zu erfahren. Dieser Gesetzesentwurf ermöglicht es, die umstrittenen "Internetsperren" einzusetzen.
In meinen Augen ist dies nicht nur sinnlos, gefährlich und blinder Aktionismus, sondern auch ein weiterer Schritt in Richtung Polizeistaat!
Als erstes muss man hierzu wissen, dass die sogenannten "Internetsperren" gar keine Internetsperren sind, sondern DNS-Sperren. Vergleichbar ist es damit, dass man Personen aus dem Telefonbuch streicht. Die Nummer existiert immer noch und kann angerufen werden.
Noch schlimmer: Jeder der eine solche Person im Telefonbuch sucht wird gespeichert und unter Umständen fortan beobachtet, selbst wenn man nur nach einem Pseudonym sucht, von dem man nicht weiß, wer sich dahinter verbirgt.
Internetadressen zu verschleiern ist leicht, zum Beispiel mit der Internetseite "tinyurl.com". Dies ist zum Beispiel die Petition gegen Internetsperren, es könnte sich aber auch um etwas völlig anderes handeln ohne dass man es sehen kann: http://tinyurl.com/dceu73
Gefährlich ist so eine Sperrliste, weil niemand garantieren kann dass sie nicht in die falschen Hände gelangt. Damit wäre sie ein Produktkatalog für Pädophile.
Die DNS-Sperren gleichen einem weggucken. Leichter wäre es, diese Server vom Netz zu nehmen, da die meisten in Ländern stehen in denen die Verbreitung von Kinderpornographie eine Straftat ist. Internetsperren stellen anscheinend nur ein gutes Schlagwort dar.
Die Sperrlisten sind nicht einsehbar (was wohl ihre Unwirksamkeit belegt, sonst wäre das nicht nötig). Vorerst werden sie (vielleicht) nur gegen Kinderpornos eingesetzt. Doch die Möglichkeiten die den wenigen Mächtigen damit in die Hand gegeben wird erschreckt mich zutiefst. Damit gehen wir einen weiteren sehr großen Schritt in Richtung Polizeistaat.
Mit freundlichen Grüßen
Sebastian Nieke
Sehr geehrter Herr Nieke,
vielen Dank für Ihre Mail vom 6. Juni 2009 zum Thema Bekämpfung von Kinderpornografie im Internet.
Der Kampf gegen Kinderpornografie im Internet ist ein wichtiger Bestandteil unserer Politik gegen sexuelle Ausbeutung und Gewalt von Kindern und Jugendlichen. Bereits nach heutiger Rechtslage werden Kinderpornographie-Seiten, die sich auf deutschen Servern befinden, von den Internetprovidern heruntergenommen. Dieser direkte Zugriff durch deutsche Behörden ist im Ausland nicht möglich. Deshalb ist es notwendig, den Zugang zu entsprechenden kinderpornographischen Internetangeboten von Deutschland aus zu sperren. In diesem Zusammenhang begrüßt die SPD-Bundestagsfraktion freiwillige Vereinbarungen mit Internetprovidern. Gleichzeitig wollen wir jedoch auch eine gesetzliche Grundlage für den Kampf gegen Kinderpornografie im Internet.
Im jetzt vorgelegten Gesetzentwurf der Bundesregierung sollen auf Basis von Sperrlisten des Bundeskriminalamtes alle großen privaten Internetzugangsbetreiber verpflichtet werden, den Zugang zu kinderpornografischen Websiten mit geeigneten technischen Maßnahmen zu erschweren. Als schwächstes Mittel sollen dazu sogenannte „DNS-Sperren“ verwendet werden. Wird eine URL einer einschlägigen Website eingegeben, wird die Auflösung in das zugehörige Internetprotokoll verfälscht und der Nutzer auf eine Website umgeleitet, die über die Sperrung informiert. In Bezug auf das Verfahren der Zusammenstellung der Sperrlisten und die technische Umsetzung dieser „DNS-Sperren“ gibt es einige kritische Aspekte, die im Zuge des laufenden parlamentarischen Verfahrens geprüft werden müssen.
Kritisch zu betrachten ist ebenso die im Gesetzentwurf geplante Erhebung und Speicherung der dabei anfallenden personenbezogenen Nutzerdaten durch die Internetdienste, die diese zur Strafverfolgung an die entsprechenden Stellen weiterleiten sollen. Ihre Befürchtungen, dass Internetnutzer aus Versehen oder gar von Dritten böswillig auf entsprechende Seiten gelenkt werden, kann ich nachvollziehen. Deshalb werden wir im parlamentarischen Verfahren die berechtigten Bedenken über die Nutzung der auf diesem Wege gewonnenen personenbezogenen Daten zur Strafverfolgung genau prüfen. Unschuldige dürfen nicht leichtfertig dem schwerwiegenden Verdacht auf Konsum von Kinderpornografie ausgesetzt werden. Daher ist bei der Verwendung dieser Daten hohe Sensibilität gefragt. Sie können sicher sein, dass ich diese geplanten Regelungen im weiteren Gesetzgebungsverfahren kritisch beobachten werde.
Grundsätzlich befürworte ich Initiativen, die sich gegen Kinderpornografie wenden. Mit dem vorliegenden Gesetzesentwurf soll eine gesetzliche Grundlage für den Kampf gegen Kinderpornografie im Internet geschaffen werden. Jedoch handelt es sich dabei nur um einen Bestandteil einer umfassenden Strategie, um Kinderpornographie effektiv zu bekämpfen. Die SPD-Fraktion hat dazu mit einem Anfang Mai beschlossenen 10-Punkte-Plan zum Schutz von Kindern und Jugendlichen vor sexueller Gewalt und Ausbeutung ein umfassendes Konzept mit weiteren konkreten Maßnahmen vorgelegt. Dieser beinhaltet u.a. bessere präventive und fördernde Ansätze beim Kinderschutz, Ausbau der Hilfs- und Beratungsangebote beim Opferschutz und verbindliche Vorgaben in der Tourismuswirtschaft zur Bekämpfung der sexuellen Ausbeutung von Kindern.
Mit freundlichen Grüßen
Dr. Carola Reimann MdB