Frage an Carl-Christian Dressel von Hans-Peter W. bezüglich Soziale Sicherung
Sehr geehrter Herr Dr. Dressel,
ich teile die Bewertung von Herrn Wolfgang Mayer, dass immer mehr Angehörige der Mittelschicht durch die Politik in die Unterschicht gedrängt werden, obwohl sie 30 Jahre und mehr in die Sozialversicherungssysteme die geforderten Beträge einbezahlt haben. Ich stelle Ihnen folgende Fragen zu diesem Komplex:
1. Wie kann es angehen, dass Menschen die 30 und mehr Jahre Steuern und Sozialabgaben bezahlt haben am Ende eines Berufslebens genauso bedürftig sind wie diejenigen, die nie eingezahlt haben?
2. Wieso wurde die Rente mit 67 eingeführt obwohl wir alle wissen, dass viele Berufe auf Grund der hohen körperlichen Belastung mit 67 nicht mehr ausgeübt werden können?
3. Wieso wurden durch Hartz IV ganz bewusst die Sozialhilfeempfänger, die nie gearbeitet haben zu Lasten der Arbeitslosen, die lange gearbeitet haben , aufgewertet? Waren das nur wahltaktische Schachzüge der SPD um die Stimmen der Sozialhilfeempfänger zu bekommen?
Mit freundlichem Gruss
Hans-Peter Walther
Sehr geehrter Herr Walther,
für Ihre Anfrage über Abgeordnetenwatch danke ich Ihnen. Leider kann ich Ihnen erst jetzt antworten, da ich Eingänge, die mich auf persönlichem Weg erreichen (Post, Fax, Email) mit höherer Priorität bearbeite.
Inzwischen ist die Rente mit 67 am 1. Januar 2008 in Kraft getreten. Dies hat jedoch nicht zur Folge, daß ab 2008 der Renteneintritt mit 67 Jahren erfolgt. Das Gesetz sieht vielmehr folgendes Verfahren vor:
Bis zum 1. Januar 2012 sollen alle Arbeitnehmer wie bisher regulär mit 65 Jahren in Rente gehen. Ab diesem Zeitpunkt erfolgt sodann der sukzessive Einstieg in die Rente mit 67. In einem Zeitraum von über 17 Jahren – bis 2029 – wird der Renteneintritt stufenweise angehoben. Für die Gruppe von Rentnern, die über 45 Jahre gearbeitet haben, gibt es eine Sonderregelung. Sie können weiterhin mit 65 Jahren in Rente gehen.
Die SPD hat durchgesetzt, daß verstärkt an der Qualifikation älterer Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer gearbeitet wird. Dies geschieht im Rahmen der „Initiative 50plus“, für die ich mich auch bei uns im Coburg/Kronacher Raum bereits seit Jahren stark engagiere (bitte lesen Sie hierzu auch meine Presseveröffentlichungen unter http://www.carl-christian-dressel.de).
Das folgende Beispiel veranschaulicht die Notwendigkeit, die die Rente mit 67 erzwang:
Während frühere Generationen durchschnittlich etwa sechs Jahre lang Rente bezogen, bezieht die heutige Rentnergeneration durchschnittlich 17 Jahre Rente. Ich möchte in diesem Zusammenhang unterstreichen, daß diese Entwicklung grundsätzlich sehr begrüßenswert ist. Unser Rentensystem wird dadurch jedoch auf eine harte Probe gestellt - Modifikationen waren und sind daher erforderlich. Vor diesem Hintergrund möchte ich auch auf die Bestandsprüfungsklausel hinweisen, die das Gesetz vorsieht. So setzt die Anhebung der Regelaltersgrenze von 65 auf 67 Jahre ab dem Jahr 2012 eine nachhaltige Verbesserung der Beschäftigungssituation älterer Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer voraus. Hierfür ist gesetzlich festgelegt, daß die Bundesregierung den gesetzgebenden Körperschaften vom Jahr 2010 an alle vier Jahre über die Entwicklung der Beschäftigung älterer Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer zu berichten und eine Einschätzung darüber abzugeben hat, ob die Anhebung der Regelaltersgrenze unter Berücksichtigung der Arbeitsmarktlage weiterhin vertretbar ist.
Ihrer Einschätzung, durch „Hartz IV“ seien ganz bewußt die Sozialhilfeempfänger, die nie gearbeitet haben zu Lasten der Arbeitslosen, die lange gearbeitet haben, aufgewertet worden, kann ich mich in dieser Form nicht anschließen. Grundsätzlich war die Zusammenführung von Arbeitslosen- und Sozialhilfe zu einer Grundsicherung für Arbeitssuchende richtig .Und auch die faktische Entwicklung auf dem Arbeitsmarkt belegt den Erfolg dieser größten Arbeitsmarktreform in der Geschichte der Bundesrepublik. Zweifellos gilt es, diese Reform konstant weiterzuentwickeln.
Mit freundlichen Grüßen,
Ihr
Dr. Carl-Christian Dressel, MdB