Cansel Kiziltepe
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Frage von Irmhild S. •

Wie stehen Sie zur Frage der Videoüberwachung mit automatischer Gesichtserkennung? Werden Sie dagegen stimmen, wenn die Gesichtserkennung im Bundestag beschlossen werden soll?

Sehr geehrte Frau Kisiltepe
der Versuch mit der Videoüberwachung mit Gesichtserkennung im Bahnhof Südkreuz hat sich als hochgradig fehlerhaft erweisen. Menschen wurden einem ständigen Überwachungsdruck ausgesetzt, bei Frauen, Kindern und Nicht-Weißen Menschen war die Fehlerquote besonders hoch. Unsere Freiheitsrechte werden eingeschränkt, Missbrauch ist nur schwer auszuschließen. Bevor, wie in einigen Städten in den USA die Gesichtserkennung verboten wird, sollten wir eine solche kostspielige & demokratiegefährdende Infrastruktur erst gar nicht aufbauen.

Cansel Kiziltepe
Antwort von
SPD

Sehr geehrte Frau S.,

haben Sie vielen Dank für Ihre Anfrage. Ihren kritischen Blick auf eine Videoüberwachung mit automatischer Gesichtserkennung im öffentlichen Raum teilen Sie mit mir und vielen meiner SPD-Fraktionskolleg*innen.

Um die Sicherheit von Bürger*innen im öffentlichen Raum zu gewährleisten, haben wir uns in der Ampel-Koalition daher auf eine vorausschauende, jedoch stets evidenzbasierte und grundrechtsorientierte Sicherheits- und Kriminalpolitik geeinigt. Eingriffe des Staates in die Grundrechte der Bürger*innen müssen in diesem Rahmen immer sehr gut begründet und in ihrer Gesamtwirkung betrachtet werden. Bei einem so grundrechtssensiblen Thema wie der Videoüberwachung gilt dies umso mehr.

Den öffentlichen Raum begreifen wir als einen solchen, in dem die Grundrechte der Bürger*innen gewährleistet werden müssen: Eine anlasslose Videoüberwachung mit automatischer Gesichtserkennung steht diesem Verständnis entgegen. Bürger*innen dürfen hier nicht dauerhaft den permanenten Abgleich des eigenen Gesichts mit polizeilichen Datenbanken befürchten müssen.

Auch dem Erfordernis einer evidenzbasierten Sicherheitspolitik wird eine solche Videoüberwachung nicht gerecht. Vielmehr werden Bürger*innen hier potenziell unter einen Generalverdacht gestellt.

Um eine dennoch auch vorausschauende Sicherheits- und Kriminalpolitik zu ermöglichen, ist es mir wichtig, Prävention, statt Intervention besonders in den Blick zu nehmen. Denn Videoüberwachung kann Straftaten kaum verhindern. Für Straftatenaufklärung hingegen kann sie in bestimmten Fällen zurate gezogen werden, weshalb eine die bürgernahe Präsenzpolizei ergänzende Videoüberwachung ohne automatische Gesichtserkennung an Kriminalitätsschwerpunkten eingesetzt werden kann. Aber auch hier muss stets die Verhältnismäßigkeit im Blick behalten werden.

Eine flächendeckende Videoüberwachung sowie den Einsatz biometrischer Erfassung zu Überwachungszwecken lehne ich jedoch ab. Dass wir uns auf diese Position auch in der Regierungskoalition einigen konnten, ist als großer Erfolg zu werten. Ich bin der Auffassung: Das Recht auf Anonymität und informationelle Selbstbestimmung sowie die Gewährleistung der Ausübung der Freiheitsrechte sind im öffentlichen Raum zu schützen.

Mit vielen freundlichen Grüßen

Cansel Kiziltepe