Wie setzen Sie sich dafür ein, dass wir (Bundesrepublik) uns besser auf mögliche auch gewalttätige Ereignisse vorbereiten, die uns die näher rückende Kriegsgefahr aufzwingt?
Sehr geehrte Frau Kiziltepe,
im Rahmen der Pandemie stellten wir leider erst sehr spät fest, dass wir uns im Voraus hätten besser vorbereiten müssen. Damals war nach kurzer Zeit klar, dass wir viele Punkte eines aktiveren Katastrophenschutz vernachlässigt haben.
Heute sehen wir uns erneut einer Katastrophe gegenüber, die bedrohlich näher rückt.
Wie organisieren wir jetzt (auch zusammen mit EU & NATO) eine konkrete Bevorratung an sowohl lebenswichtigen Gütern, aber leider auch konkret an Verteidigungswaffen? Können / Sollten wir per Auftrag die Herstellung von Verteidigungswaffen beauftragen?
Jetzt und nicht erst, wenn es zu spät ist.
Es ist als Wehrdienstverweigerer alles andere als leicht in solchen Optionen zu denken. Aber meine Demokratie hat mir damals ermöglicht den Dienst mit der Waffe zu verweigern, aber genau diese Freiheit sehe ich in Gefahr.
Mit friedlichen Grüßen
Sehr geehrter Herr S.,
vielen Dank für Ihre Anfrage. Tatsächlich haben die Pandemie und der Ukraine-Krieg wohl die traurige Gemeinsamkeit, dass sie nur sehr schwer vorherzusehen waren. Auch jetzt ist noch nicht abzusehen, welche Folgen der Angriff Russlands auf die Ukraine für die deutsche und europäische Sicherheitspolitik und die Ordnung in Europa haben wird. Der Verlauf der Geschichte hängt schlichtweg von zu vielen unbekannten Faktoren ab.
Wir wollen und werden auf diesen Angriff auf die europäische Friedensordnung auch mit verteidigungspolitischen Maßnahmen reagieren. Am 27. Januar hat Kanzler Olaf Scholz in seiner Regierungserklärung angekündigt, ein Sondervermögen von 100 Mrd. € für die Bundeswehr bereitzustellen, um eine effektive und moderne Verteidigung des Landes sicherstellen zu können. Die Investitionen in die Sicherheit müssen begleitet werden von strukturellen Reformen bei der Bundeswehr, sodass die hohen Ausgaben auch schnell zu einer erhöhten Leistungsfähigkeit führen.
Gleichzeitig müssen wir uns in der EU und der NATO noch enger im Rahmen der gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik koordinieren. Wir wollen dafür sorgen, dass der Weg der Diplomatie und die Achtung des Völkerrechts auch in Zukunft wichtiger sind als bloße militärische Stärke. Es wäre falsch, unsere Vorhaben in der Sozialpolitik, der Bildung oder im Klimaschutz zugunsten von Verteidigungsausgaben zurückzustellen. Unsere freiheitliche Demokratie wird nicht nur durch Waffen verteidigt.
Mit freundlichen Grüßen,
Cansel Kiziltepe