Cansel Kiziltepe
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Frage von André J. •

Frage an Cansel Kiziltepe von André J. bezüglich Finanzen

Sehr geehrteFrau Kiziltepe.

Ich möchte sie gerne bitten, mir ihren persönlichen und den Standpunkt ihrer Partei zur Änderung des §20 EStG und die damit geplanten Änderungen für private Anleger mitzuteilen. Ist ihnen bewusst, das mit dieser Änderung nicht nur eine Verlustverrechnung auf die Folgejahre beschränkt wird, sondern auch eine unterjährige Verlustverrechnung betroffen ist?

https://boerse.ard.de/anlagestrategie/steuern/verlustverrechnung-fuer-te...

https://www.meetingpoint-brandenburg.de/neuigkeiten/artikel/60661-Brande...

Auch bitte ich um eine kurze Stellungnahme zu der Problematik der Progressivität unserer starren Einkommenssteuertarifes. Sie setzen sich ja immer für eine gerechtere Steuerpolitik ein. Allerdings möchten sie dabei die 'Spitzenverdiener' mehr besteuern. Aber wie kann es sein, das heute selbst ganz normale Arbeitnehmer (z.B. bei den Autobauern) häufig den Spitzensteuersatz zahlen. Gehört man in diesem Land zu den wohlhabenden Millionären, wenn man gerade mal das 1,5 fache des Durchschnittsverdienstes erhält?

Vielen Dank für ihre geschätzte Antwort.

Mit freundlichen Grüßen

Cansel Kiziltepe
Antwort von
SPD

Sehr geehrter Herr Jessen,

vielen Dank für Ihre Anfrage über abgeordnetenwatch.de. Gerne erläutere ich Ihnen meinen Standpunkt.

Bei der von Ihnen angesprochenen Änderung des §20 EStG handelt es sich um eine sinnvolle Gesetzesänderung. Diese bezieht sich auf die steuerliche Behandlung von spekulativen Geschäften. Wir als SPD-Bundestagsfraktion möchten die Steuerzahler*innen nicht an Verlusten aus diesen Spekulationen beteiligen. Darüber hinaus ist die Beschränkung der Verlustverrechnung gerechtfertigt, da Anleger*innen mit großen Anlagesummen vom günstigen Abgeltungssteuersatz profitieren. Dieser Einschätzung ist auch der Koalitionspartner gefolgt und hat der entsprechenden Gesetzesänderung zugestimmt.

Mit der Neuregelung nach § 20 Absatz 6 Satz 5 EStG können Verluste aus Termingeschäften, insbesondere aus dem Verfall von Optionen, künftig nur mit Gewinnen aus Termingeschäften und mit den Erträgen aus Stillhaltergeschäften ausgeglichen werden. Die Verlustverrechnung ist beschränkt auf 10.000 Euro jährlich. Nicht verrechnete Verluste können auf Folgejahre vorgetragen werden und jeweils in Höhe von 10.000 Euro mit Gewinnen aus Termingeschäften oder mit Stillhalterprämien verrechnet werden, wenn nach der unterjährigen Verlustverrechnung ein verrechenbarer Gewinn verbleibt. Die Verluste können nicht mit anderen Kapitalerträgen verrechnet werden. Die Regelung greift für Verluste aus Termingeschäften, die nach dem 31. Dezember 2020 eintreten.

Das heißt, die Verlustverrechnung aus diesen Kapitalanlagen bleibt dem Grunde nach möglich, wird jedoch unterjährig begrenzt mit der Möglichkeit des Vortrags nicht verrechneter Verluste auf Folgejahre.

Grund für die Verlustverrechnungsbeschränkung ist, dass Termingeschäfte durch ihre begrenzte Laufzeit und durch Hebeleffekte in wesentlichem Umfang spekulativ sind. Es können einerseits hohe Gewinne und andererseits der Totalverlust der Anlage eintreten. Diese Effekte treten bei anderen Kapitalanlagen nicht in vergleichbarem Ausmaß auf. Verluste aus Termingeschäften werden deshalb in einem besonderen Verlustverrechnungskreis berücksichtigt, um das Investitionsvolumen und die daraus für Anleger entstehenden Verlustrisiken aus diesen spekulativen Anlagen zu begrenzen.

Der Gesetzgeber folgt beim Verfall von Optionen der Rechtsprechung zur Berücksichtigung von Verlusten. Allerdings bleibt zukünftig der Umfang der je Kalenderjahr berücksichtigungsfähigen Verluste begrenzt.

Für Kapitalanleger mit einem Anlagevolumen bis 10.000 Euro bleibt bei Eintritt des Totalverlustes der Anlage die Verlustberücksichtigung mit anderen Termingeschäften und Stillhaltergeschäften aber in vollem Umfang möglich.

Durch die unterjährige Verlustverrechnung können nicht verrechnete Verluste auf die Folgejahre vorgetragen und in Höhe von maximal 10.000 Euro geltend gemacht werden. Pro Jahr können somit maximal 20.000 Euro an Verlusten aus Termingeschäften mit Gewinnen aus Termingeschäften verrechnet werden.

In Deutschland wird nach dem Prinzip der Leistungsfähigkeit besteuert, dies gilt selbstverständlich auch für den Einkommensteuertarif. Wir als SPD haben bereits im Wahlprogramm zur Bundestagswahl 2017 gefordert, dass der Grenzsteuersatz von 42 Prozent später erhoben werden soll und danach linear-progressiv bis 45 Prozent ansteigen soll. Ab 250.000 Euro zu versteuerndem Einkommen sollte der Steuersatz 48 Prozent betragen. Dies können Sie im SPD-Wahlprogramm 2017 nachlesen (https://www.spd.de/fileadmin/Dokumente/Bundesparteitag_2017/Es_ist_Zeit_fuer_mehr_Gerechtigkeit-Unser_Regierungsprogramm.pdf) und hätte zu einer gerechteren Besteuerung im Rahmen der Einkommensteuer geführt.

In der Debatte wird fälschlicherweise der Eindruck erweckt, dass Facharbeiter bereits den höchsten Steuersatz zahlen. Hier fällt unter den Tisch, dass der Höchststeuersatz bei 45% liegt und ab Einkommen über ca. 270.000€ greift. Für Verheirate greift der Steuersatz sogar erst ab dem doppelten Wert.

Darüber hinaus möchte ich darauf hinweisen, dass spätestens ab dem 01.01.2021 der Solidaritätszuschlag weitgehend abgeschafft wird. Dies ist bereits von der Koalition beschlossen (https://www.bundesfinanzministerium.de/Content/DE/FAQ/2019-08-21-faq-solidaritaetszuschlag.html). Ebenfalls möchte ich noch einmal deutlich machen, dass Deutschland keinesfalls ein sogenanntes Hochsteuerland ist. Eine ausführliche Analyse zu diesem Hochsteuer-Mythos können Sie auf der Homepage von Steuermythen.de nachlesen (https://steuermythen.de/mythen/mythos-5/).

Mit freundlichen Grüßen

Cansel Kiziltepe