Frage an Cansel Kiziltepe von Birgit H. bezüglich Familie
Sehr geehrte Frau Kiziltepe,
in Berlin wird seid Jahren das Wechselmodell auch gegen den Willen der
Eltern durchgesetzt. Mittlerweile kennt in meinem Umkreis jeder mindestens eine Familie, die unter diesem Modell leidet. Da rein statistisch gesehen die meiste Gewalt von Männern ausgeht, war zu Beginn des Paradigmenwechsels vorauszusehen, dass sich das Risiko für Kinder und Frauen, Opfer von psychischer oder physischer Gewalt zu werden, signifikant erhöhen würde. Genau diese Gefahr realisiert sich an vielen Stellen. Meiner Erfahrung nach wird das Tatbestandsmerkmal des "Kindeswohls" so lange zurecht gebogen bis das gewünschte Ergebnis einer gerechten Verteilung der Kinder erreicht ist. Dies geschieht durchaus wissentlich und auch gegen die Überzeugung von Psychologen und Pädagogen, ist aber politisch erwünscht. In diesem Zusammenhang würde ich gerne wissen, wie Ihre Position und die Ihrer Parteil zum zwangsweisen Wechselmodell aussieht und in welche Richtung sich Ihrer Meinung nach die Berliner Politik entwickeln wird.
Ich danke Ihnen für Ihre Antwort.
Mit freundlichen Grüße,
B. H.
Sehr geehrte Frau H.,
vielen Dank für Ihre Anmerkungen zum Wechselmodell.
Ich kann Ihr Anliegen nachvollziehen und vertrete die Meinung, dass allein am Kindeswohl orientiert die Entscheidung getroffen werden muss, bei welchem Elternteil das Kind in welchem Umfang lebt. Eine Entscheidung, die sich daran orientiert, muss nicht zwangsläufig zum Wechselmodell führen.
Ich halte es für wichtig, dass Familienrichterinnen und Familienrichter genauso wie die in der Kinder- und Jugendhilfe Tätigen gut aus- und fortgebildet sind, um die oft schwierigen Umgangsentscheidungen qualifiziert treffen zu können. Deshalb haben wir in den Koalitionsverhandlungen darauf bestanden, dass wir die Fortbildung für Richterinnen und Richter besonders bei den Familiengerichten verbindlich im Einvernehmen mit den Ländern anstreben. Gleiches gilt für die Qualifikation und Eignung der Beschäftigten in der Kinder- und Jugendhilfe und die diesbezügliche Qualitätssicherung im Allgemeinen.
Wir als SPD wollen keine gesetzliche Festlegung auf ein allgemeingültiges verpflichtendes Umgangsmodell. Es ist falsch, das Wechselmodell als Regelfall zu normieren.
Wir wollen es Eltern und auch den Familiengerichten ermöglichen, den Kindesumgang flexibel und nach den jeweiligen Umständen des Einzelfalls zu regeln. Für mich ist dabei eines klar: Das entscheidende Kriterium für die Umgangsregelung muss allein das Kindeswohl sein.
Mit freundlichen Grüßen
Cansel Kiziltepe