Frage an Cansel Kiziltepe von Thomas S. bezüglich Recht
Guten Tag Frau Kiziltepe,
Sie schreiben:
"Was in Chemnitz passiert ist, macht mich fassungslos. Der Tod eines jungen Mannes wurde von Rechtsradikalen und Nazis dazu missbraucht, Hass und Gewalt auf Chemnitz Straßen zu tragen. Menschen wurden durch die Straßen gejagt, der Hitlergruß wurde offen gezeigt und rechte Parolen ausgerufen. Das „Konzert gegen Rechts“ in Chemnitz hat ca. 65000 Menschen auf die Straße gebracht, um offen und friedlich gegen rechte Gewalt in Deutschland zu demonstrieren. (...). Wir müssen in dieser Zeit zusammenstehen und gemeinsam gegen fremdenfeindliche Gewalt kämpfen. Das sollte unser Fokus sein-"
https://www.abgeordnetenwatch.de/profile/cansel-kiziltepe/question/2018-09-03/302177
Ich empfinde Ihre Aussage als politisch blind. und den geforderten Fokus alles andere als gesellschaftlich verbindlich. Sie sprechen von dem "Tod eines jungen Mannes", unterschlagen aber die Information, dass dieser junge Mensch Opfer einer feigen Messerstecherei wurde. Der MDR bekommt das in wenigen Sätzen aussagefähiger hin:
"Ein 35-Jähriger wird beim Stadtfest in Chemnitz Opfer einer Messerstecherei. Die Hintergründe der Tat sind noch unklar. Ein Syrer und ein Iraker sitzen als Tatverdächtige in Untersuchungshaft. Neben dem Entsetzen und der Trauer über die Tat, werden auch gewaltbereite Rechte auf den Plan gerufen. Demos, Ausschreitungen und Gewalt sind die Folge"
Sie verurteilen rechte Gewalt in Chemnitz, schweigen aber zu einer Bluttat,, die möglicherweise von Migranten begangen wurde. Warum?
Ist ein Gratiskonzert mit bekannten Künstlern eine Woche nachdem ein Mensch erstochen wurde. nicht pietätslos und politisch naiv, wenn die Gesamtproblematik auf rechte Gewalt reduziert wird.?
Betreiben Sie, der Bundespräsident und, die benannten Konzertbesucher hier nicht einen politisch blinden Fleck?
Viele Grüße Thomas Schüller
Sehr geehrter Herr S.,
vielen Dank für Ihre Frage.
Ich verurteile jegliche Form der Gewalt aufs Schärfste. In meiner Aussage zu den Ereignissen im Nachgang der Messerstecherei in Chemnitz ging es mir aber gerade darum, die Instrumentalisierung dieser Tat durch rechtsradikale Gruppierungen und Einzelpersonen und meine Fassungslosigkeit darüber darzustellen.
Wie sie auch schreiben, wurde die Tat möglicherweise von einem syrischen und einem irakischen Mann begangen. Derzeit wird der Fall am Landgericht Chemnitz verhandelt und bis zum jetzigen Zeitpunkt konnte der Tatverdacht nicht bestätigt werden. Gerade weil zunächst die Unschuldsvermutung gilt und bei Verdächtigen mit Migrationsgeschichte zunehmend eine Instrumentalisierung durch rechtsradikale Gruppierungen und Einzelpersonen droht, habe ich mich mit einer Fokussierung auf die Geschehnisse im Nachgang der Messerstecherei geäußert. Trauerbekundungen und eine Darstellung der Ereignisse mit einem klaren Fokus auf das Opfer können ebenfalls einen "politisch blinden Fleck" beinhalten.
Meiner Auffassung nach muss auch ein konstruktiver Austausch darüber stattfinden, wie Prävention von Gewalttaten, die von Menschen mit Migrationsgeschichte begangen werden, sinnvoll betrieben werden kann. Dieser konstruktive Austausch kann aber in einem Klima rechtsradikaler Anfeindungen und einer entsprechenden Instrumentalisierung der Tat durch Menschen, die offen den Hitlergruß zeigen, nicht zielgerecht geführt werden.
Sie merken an, dass meine Beschreibung der Ereignisse beim Chemnitzer Stadtfest politisch blind sei, weil ich vom "Tod eines jungen Mannes" sprach. Sie schreiben, dass er "Opfer einer feigen Messerstecherei" wurde. In dem von Ihnen zitierten MDR-Bericht ist hingegen lediglich von einer "Messerstecherei" die Rede. So nehmen auch Sie eine Wertung der Geschehnisse vor, ohne die genauen Hintergründe zu kennen.
Bezüglich des "Konzerts gegen Rechts" möchte ich darauf hinweisen, dass im Rahmen dessen auch dem Opfer der Tat gedacht in Form einer Schweigeminute zu Beginn des Konzerts gedacht wurde.
Ich hoffe, Ihre Frage zufriedenstellend beantwortet zu haben.
Mit freundlichen Grüßen
Cansel Kiziltepe, MdB