Cansel Kiziltepe
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Frage von Ralf A. •

Frage an Cansel Kiziltepe von Ralf A. bezüglich Arbeit und Beschäftigung

Sehr geehrte Frau Kiziltepe,

bei jeder Berichterstattung zur Leiharbeit in Deutschland drängt sich mir die folgende Frage auf, über deren Beantwortung ich mich sehr freuen würde.
Wäre es nicht marktwirtschaftlich logisch, dass ein Leiharbeiter wegen der zusätzlichen Unsicherheit einen LohnAUFschlag gegenüber einem Arbeiter mit Festvertrag erhalten müsste?
Schließlich bietet er seine Arbeit ohne zusätzliche Belastungsfaktoren (Tarif, Kündigungsschutz, usw.) an und ist damit für den Arbeitgeber flexibler einsetzbar. Diese höhere Flexibilität ist wiederum ein Wert, der sich in einer höheren Entlohnung widerspiegeln müsste.
Eine solche gesetzlich verankerte Regelung könnte meines Erachtens gleich mehrere der unerwünschten Nebeneffekte beseitigen oder zumindest einschränken:
Der Leiharbeiter bekäme eine angemessene Entschädigung für seine Bereitschaft zu geringerer Planungssicherheit etc.
Für Arbeitgeber bliebe die Leiharbeit für die eigentlich adressierten vorübergehenden Auftragsspitzen nutzbar, es würden aber falsche „Anreize“ beseitigt, reguläre Vollzeitstellen in Leih-Stellen umzuwandeln.
Wird eine derartige Lösung in Ihrer Partei diskutiert oder erwogen?
Wo liegt möglicherweise mein Denkfehler?
Und wie sehen Sie selbst den Ansatz?

Mit freundlichen Grüßen
R. A.
(Wähler in Friedrichshain-Kreuzberg)
P.S. Frage geht parallel an Abgeordnetenwatch und Ihr Berliner Büro

Cansel Kiziltepe
Antwort von
SPD

Sehr geehrter Herr A.,

vielen Dank für Ihre Anfrage.

Ich fordere bereits seit Jahren gemeinsam mit meinem SPD-Kreisverband Friedrichshain-Kreuzberg einen besseren gesetzlichen Schutz von Leiharbeitnehmerinnen und Leiharbeitnehmern in Deutschland. Eigentlich soll Leiharbeit Betrieben dabei helfen, Auftragsspitzen zu bewältigen oder vorübergehenden Personalausfall zu kompensieren. Immer öfter wurde Leiharbeit aber zu Lasten der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer missbraucht – zu Lohndumping oder zur Umwandlung regulärer Beschäftigung in Leiharbeits-Jobs. Wichtig ist vor allem der Grundsatz: Gleicher Lohn für gleiche Arbeit. Denn einen wirklichen Durchbruch für bessere Arbeitsbedingungen in der Leiharbeit kann es nur geben, wenn zunächst alle Leiharbeitskräfte und Stammbelegschaften gleich behandelt werden und den gleichen Lohn bekommen.

Als SPD haben wir daher die Bekämpfung des Missbrauchs von Leiharbeit und Werkverträgen im Koalitionsvertrag festgeschrieben und erfolgreich umgesetzt. Damit gibt es klare Regeln für Leiharbeit und Werkverträge. Wir verhindern den Missbrauch und das Umgehen von Arbeitsstandards. Die Leiharbeit wird durch die neue Überlassungshöchstdauer und den Grundsatz von Equal Pay auf ihre eigentliche Funktion zurückgeführt: Sie wird Unternehmen auch zukünftig die nötige Flexibilität für Auftragsspitzen oder Vertretungen bieten, aber nicht weiter als Instrument zur Verdrängung der Stammbelegschaft dienen. Durch die gesetzliche Klarstellung, wer Arbeitnehmerin und Arbeitnehmer ist, die Offenlegung von Arbeitnehmerüberlassung sowie die Stärkung der Betriebsräte durch Klarstellung der Informationsrechte verhindern wir die missbräuchliche Umgehung des Arbeits- und Sozialrechts durch (vermeintliche) Werkverträge.

Die wichtigste Neuerung ist die gesetzliche Regelung zu Equal Pay (gleiche Bezahlung wie Stammbelegschaft) nach neun Monaten. Bestehende Branchenzuschlagstarifverträge können fortgeführt und weiterentwickelt werden. Mit Gewerkschaften und Arbeitgeberverbänden wurde vereinbart, die Möglichkeit zu schaffen, vom Grundsatz der gleichen Bezahlung länger abzuweichen, wenn ergänzende Branchenzuschlagstarife zwischen den Tarifvertragsparteien in der Zeitarbeitsbranche bestehen. Die Branchenzuschlagstarifverträge müssen jedoch Voraussetzungen erfüllen: Erstens müssen die Zuschläge spätestens schon nach sechs Wochen einsetzen. Zweitens muss nach spätestens 15 Monaten ein Arbeitsentgelt erreicht werden, das von den Tarifvertragsparteien der Zeitarbeitsbranche als gleichwertig mit dem tarifvertraglichen Arbeitsentgelt der Einsatzbranche festgelegt wird. Durch die stufenweise Erhöhung profitieren insbesondere Leiharbeitnehmerinnen und Leiharbeitnehmer mit einer kürzeren Einsatzdauer. Diese Regelung bildet einen Anreiz zum Abschluss sowie zur Weiterentwicklung von Tarifverträgen und erhöht die Tarifbindung zum Schutz der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer. Ein weiterer wichtiger Baustein ist die Einführung einer Überlassungshöchstdauer von grundsätzlich 18 Monaten. Damit müssen Leiharbeiternehmerinnen oder -arbeitnehmer nach 18 Monaten, wenn sie weiterhin im gleichen Entleihbetrieb arbeiten sollen, von diesem übernommen werden.

Mit freundlichen Grüßen

Cansel Kiziltepe