Frage an Cansel Kiziltepe von Joder I.
Warum haben Sie gegen die Verbesserung der Mietpreisbremse gestimmt?
Es ist ja nicht so also ob Friedrichshain von steigendem Mieten und gentrifizierung verschont bleibt. Von einer CDU-Abgeordneten würde ich so etwas erwarten, aber von einer SPD-Abgeordneten?, eventuell können Sie mir die Hintergründe ihres Wahlverhaltens ja erklären.
Sehr geehrter Herr Illi,
als Bundestagsabgeordnete aus Friedrichshain-Kreuzberg und Prenzlauer Berg Ost bin ich im stetigen Kontakt mit Mieter- und Anwohnerinitiativen, die von steigenden Mieten und Verdrängung betroffen sind. Insbesondere Mieterinnen und Mieter im Bezirk Friedrichshain-Kreuzberg sind aufgrund der begehrten Innenstadtlage von teilweise massiven Mieterhöhungen betroffen.
Die SPD-Bundestagsfraktion hat in den vergangen vier Jahren viele Verbesserungen für Mieterinnen und Mieter auf den Weg gebracht. Die beschlossene Mietpreisbremse ist ein politischer Erfolg. Das Gesetz erlaubt es dem Vermieter nun nicht mehr, bei Abschluss eines Mietvertrages auf einem angespannten Wohnungsmarkt eine Miete in der Höhe zu verlangen, die der Markt hergibt, sondern setzt Grenzen. Das war vorher nicht der Fall. Wir haben das Gesetz gegen den Widerstand der Wohnungswirtschaft durchgesetzt. Die Ausgestaltung der Mietpreisbremse war im Wesentlichen durch den Koalitionsvertrag vorgegeben. Wir haben darüber hinaus dafür gesorgt, dass die Mieterinnen und Mieter das notwendige Handwerkszeug erhält, um sein Recht einzufordern. Das Gesetz gibt den Mieterinnen und Mieter einen ausdrücklichen Auskunftsanspruch gegen den Vermieter. Der Vermieter muss dem Mieter auf Verlangen die Tatsachen mitteilen, die für die Zulässigkeit der Miete maßgeblich sind. Dies betrifft insbesondere die Höhe der Vormiete, aber auch durchgeführte Modernisierungsmaßnahmen oder die Baualtersklasse bzw. andere dem Mieter nicht zugängliche Wohnwertmerkmale, die für die Bestimmung der ortsüblichen Vergleichsmiete relevant sind.
Das Bestellerprinzip ist neben der Mietpreisbremse das zweite Standbein zur Verbesserung der Situation von Mieterinnen und Mietern, die eine neue Wohnung suchen. Von Anfang an hat sich die Regelung als großer Erfolg dargestellt und entlastet Wohnungssuchende finanziell nicht unerheblich. Für Tätigkeiten des Maklers, die sie nicht veranlasst haben und die auch nicht in ihrem Interesse sind, müssen Wohnungssuchende nun nicht mehr zahlen.
Um in wachsenden Städten wie Berlin bezahlbaren Wohnraum zu erhalten reichen jedoch Maßnahmen im Wohnungsbestand nicht aus. Mieten- und Bestandspolitik und Mietwohnungsneubau sind zwei Seiten derselben Medaille. Am 09. März hat der Bundestag ein Gesetz beschlossen, um im Baugesetzbuch unter anderem eine neue Baugebietskategorie „Urbane Gebiete“ einzuführen. Das „Urbane Gebiet“ soll das Miteinander von Wohnen und Arbeiten in den Innenstädten erleichtern, und es schafft neue Möglichkeiten für den Wohnungsbau. Dort darf dichter und höher gebaut werden als in den herkömmlichen Mischgebieten. Darüber hinaus hat die SPD durchgesetzt, die Mittel für die soziale Wohnraumförderung auf 1,5 Milliarden Euro zu verdreifachen.
SPD-Bundesjustizminister Heiko Maas hat im April 2016 einen weiteren, wichtigen und sinnvollen Gesetzentwurf vorgelegt um den Mieterhöhungsspielraum bei Modernisierungen einzuschränken und das Mieterhöhungsrecht sozialgerechter auszugestalten. Der Gesetzentwurf sieht vor, dass der Vermieter nach einer Modernisierung höchstens 8 Prozent der Modernisierungskosten auf die Jahresmiete aufschlagen darf statt wie bisher 11 Prozent. Außerdem plant die SPD eine Obergrenze damit die Miete nach einer Modernisierung innerhalb von 8 Jahren um maximal 3 Euro pro Quadratmeter angehoben werden darf. Mit einem Wirtschaftlichkeitsgrundsatz für Modernisierungsmaßnahmen sollen nur solche Kosten umlagefähig sein, die ein Vermieter vernünftigerweise veranlasst hätte, wenn er sie bei Eigennutzung selbst tragen würde.
Der Gesetzentwurf verstaubt jedoch im Kanzleramt, da sich CDU und CSU gegen die Reformmaßnahmen sperren. Wir erwarten von der Union ihre seit April 2016 dauernde Blockade endlich aufgibt. Ich werde mich weiterhin in der SPD-Bundestagsfraktion dafür einsetzen, dass die Koalition das zweite Mietrechtsnovellierungsgesetz endlich durchsetzt, um Mieterinnen und Mieter – wie in der Otto-Suhr-Siedlung – vor Verdrängung durch Modernisierung besser zu schützen.
Im kommenden Bundestagswahlkampf werde ich mich dafür stark machen, dass der Bund auch nach 2019 Ländern und Kommunen Finanzhilfen im Sozialen Wohnungsbau zur Verfügung stellt. Ein weiteres wichtiges Instrument wird sein, unsere kommunalen Wohnungsunternehmen in Zukunft weiter zu stärken. Von den über 40 Millionen Wohnungen gehören nur 2 Millionen den Genossenschaften, und 2 Millionen sind in der Hand der kommunalen Wohnungsunternehmen. Die SPD wird sich auch in der nächsten Legislaturperiode dafür einsetzen, dass die kommunalen Wohnungsunternehmen wieder zum Korrektiv auf dem Wohnungsmarkt werden. Dazu gehört auch eine nachhaltige Liegenschaftspolitik der Kommunen. Grundstücke sind heute ein Preistreiber beim Thema Wohnungsbau. Die Kommunen müssen wieder in die Lage versetzt werden, vernünftige und vorausschauende Liegenschaftspolitik zu betreiben.
Mit freundlichen Grüßen
Cansel Kiziltepe