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Frage von Martin G. •

Frage an Brigitte Zypries von Martin G. bezüglich Außenpolitik und internationale Beziehungen

Sehr geehrte Frau Zypries,

mich würde einmal interessieren, wie die Bundesregierung zu sog. Deserteuren steht, die in ihrem eigenen Ländern nicht mehr an völkerrechtswidrigen Kriegen(Uno) teilnehmen wollen, zu denen sie verpflichtet werden, wie es z.b nach großen Bekunden im Irak zutrifft ?

Ist ein Gesetz in Planung, bzw. gibt es schone Vorschrift, die besagt, dass Erweiterung zum Art. 16 und 16a GG es diesen Menschen ermöglicht, hier in Deutschland zum einen Asyl zu stellen und zum anderen dieses auch oft gewährt wird ?
Ich erinnere da an das Urteil des BVerwG 2 WD 12.04
das der Irak Krieg offenbar illegal war.

http://www.bverwg.de/media/archive/3059.pdf

Ist es daher möglich, dass ein Deserteur, beisispielsweise aus den USA in Deutschland einen Antrag auf Asyl stellt, weil ihn die USA zu einem völkerrechtswidrigen Krieg verpflchten würde ?
Offenbar geben dies ja die Art. 25 GG in Verbindung mit art. 2 Ziff 4 der UN-Charta und der § 60 I AufenthG her, können sie mir dies bestätigen ?
Ist es daher so, dass bislang nur Minderheiten, die in ihrem Heimatland besonders hohe Strafen bekommen, hier ein Anrecht auf Asyl haben oder ist es bereits so bzw. in Arbeit, dass demnächst alle Soldaten, die sich an völkerrechtswidrigen Kriegen beteiligen müssen(aufgrund order ihres eigenen Staates), hier unter Grundlage des Einzelfalls aufgenommen werden können ?
Das Wesen von Art. 16a GG und die Flüchtlingsdefinition der Genfer Flüchtlingskonvention (GFK), wonach Flüchtlinge, Wehrdienstverweigerer und Kriegsflüchtlinge (Deserteure) in diesem so erfasst werden, dürfte dies doch hergeben.
Ist daher der § 60 I AufenthG so auszulegen, dass er auch Kriegsdienstverweigerer und alle andere, die damit zu tun haben, erfasst ?

Vielen Dank
PS.: Es wäre nett, wenn sie auf das Thema allgemeinen eingehen können.

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Antwort von
SPD

Sehr geehrter Herr Grasekamp,

Anlass Ihrer Frage ist vermutlich der kürzlich bekannt gewordene Fall eines US-amerikanischen Soldaten, der in Deutschland Asyl beantragt hat. Er hat im April 2007 den Einsatz im Irak verweigert und ist anschließend desertiert.

Im deutschen Recht gibt es zum einen das grundgesetzliche Asylrecht gemäß Artikel 16a Grundgesetz und zum anderen auf einfachgesetzlicher Basis die Flüchtlingsanerkennung gemäß § 60 Abs. 1 Aufenthaltsgesetz, die das Abkommen über die Rechtstellung der Flüchtlinge vom 28. Juli 1951 (Genfer Flüchtlingskonvention) einbezieht. Beide Regelungen vermitteln Aufenthaltsrechte in Deutschland, weisen dabei aber unterschiedliche Anwendungsbereiche auf.

Das Asylrecht nach Artikel 16a Grundgesetz kann grundsätzlich auch Deserteuren zustehen. Allerdings muss die Desertation im Zusammenhang einer spezifisch "politischen" Verfolgung stehen. Das hat bisher nur dort eine Rolle gespielt, wo Personen durch Wehrpflicht in die Armee eines Regimes gezwungen wurden, dem sie nicht dienen wollten. Von den Fällen unterscheidet sich die Situation US-amerikanischer Soldaten insoweit, als diese freiwillig in eine Berufsarmee eingetreten sind.

Die Regelung in § 60 Abs. 1 Aufenthaltsgesetz ist an der Flüchtlingsdefinition der Genfer Flüchtlingskonvention ausgerichtet. Zusätzlich ist für die Feststellung einer Verfolgungssituation die EU-Richtlinie 2004/83/EG zu beachten. Die Richtlinie befasst sich mit Mindestnormen für die Anerkennung und den Status von Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen als Flüchtlinge oder als Personen, die anderweitig internationalen Schutz benötigen. Sie definiert in Artikel 9 Abs. 2 als Verfolgungshandlung unter anderem "Strafverfolgung oder Bestrafung wegen Verweigerung des Militärdienstes in einem Konflikt, wenn der Militärdienst Verbrechen oder Handlungen umfassen würde, die unter die Ausschlussklauseln des Artikels 12 Abs. 2 fallen". Diese Ausschlussklauseln umfassen Verbrechen gegen den Frieden, Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit im Sinne der internationalen Vertragswerke sowie schwere nicht politische Straftaten und Handlungen, die den Zielen und Grundsätzen der Vereinten Nationen zuwiderlaufen.

Die durch die genannte EU-Richtlinie ergänzte Regelung des § 60 Abs. 1 Aufenthaltsgesetz ist zum 27. August 2007 in Kraft getreten. In der Anwendungspraxis haben sich nach meiner Kenntnis bisher keine Probleme ergeben. Innerhalb der Bundesregierung ist für diese Frage das Bundesministerium des Innern zuständig.

Mit freundlichen Grüßen
Brigitte Zypries