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Frage von Andreas B. •

Frage an Brigitte Zypries von Andreas B. bezüglich Familie

Sehr geehrte Frau Zypries,
anlässlich der Unterhaltsrechtsreform hat der BGH entschieden, dass sich die Gesellschaft "von der vorrangigen Betreuung der Kinder durch die Mütter abgewendet hat".

Es stellt sich für mich die Frage, in welcher Form Mütter damit überhaupt noch eine Leistung für die gemeinsamen Kinder erbringen, bzw. wieso nicht auch der Kindesunterhalt dahingehend reformiert wird, dass bei berufstätigen Eltern das Einkommen beider Eltern für den Kindesunterhalt herangezogen wird.

Schliesslich ist es nicht einzusehen, dass Vätern bis zu zwei Dritteln ihres Einkommens durch Kindesunterhalt entzogen wird und die Kinderzahl, die sie finanzieren können, durch ihr Einkommen begrenzt ist, während Mütter ihr Einkommen für sich selber verkonsumieren ( oder in Altersvorsorge etc. anlegen ) dürfen und ihre Kinderzahl nur durch das Einkommen ihrer verschiedenen Kindsväter begrenzt ist. Ist dies nicht eine durch die Verfassung verbotene eklatante Ungleichbehandlung von Männern und Frauen?

Des weiteren: Zusatzausgaben, die Müttern anfallen, werden geteilt, z.B. Klassenfahrten, Kinderbetreuungskosten. Warum werden Kosten, die dem Vater anfallen für den Umgang nicht auch aus dem von beiden zu zahlenden Kindesunterhalt beglichen - ist der Kontakt zum Vater nicht finanzierungswürdig? Wie Sie sicher wissen, gibt es viele Männer, die sich z.B. noch nicht einmal mehr die Fahrt zu ihren Kindern leisten können, und selbst solche Männer werden in den Armutsberichten der Bundesregierung ignoriert, solange sie nur Unterhalt zahlen.

Wäre nicht der Kindesunterhalt dahingehend zu reformieren, dass beide Elternteile ihre Kosten für die Kinder aus dem von beiden zu zahlenden Kindesunterhalt bestreiten?

Immerhin ist doch dies das Modell, dass ein Paar, in dem beide berufstätig sind, vor der Scheidung lebt. Warum nicht nach der Scheidung, wo doch die letzten dreissig Jahre sonst immer die ehelichen Lebensverhältnisse in der Rechtsprechung ausschlaggebend waren?

MfG,
Andreas Bille

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Antwort von
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Sehr geehrter Herr Bille,

aus gutem Grund hat die zum 1. Januar 2008 in Kraft getretene Unterhaltsrechtsreform an der Verteilung der elterlichen Unterhaltsverpflichtung nichts geändert.

Natürlich tragen sowohl die Mutter als auch der Vater Verantwortung für ihr Kind. Das Gesetz sieht deshalb auch vor, dass beide Elternteile dem Kind zum Unterhalt verpflichtet sind. Allerdings benötigen minderjährige Kinder nicht nur Geld. Kinder können ihren Alltag nicht alleine bewältigen. In nahezu jeder Hinsicht sind sie auf die Hilfe und Unterstützung eines Erwachsenen angewiesen, auch wenn sie älter werden. Dies betrifft Dinge wie das Einkaufen von Nahrungsmitteln, die Zubereitung der Mahlzeiten, das Waschen der Wäsche, Hilfe bei Schularbeiten, das Mitgestalten der Freizeit, den Weg zur Schule oder anderen Einrichtungen oder die besondere Pflege im Krankheitsfall.

Diese Aufgaben erfüllt der mit dem Kind zusammenlebende Elternteil. Weil der Betreuungsunterhalt dem Barunterhalt gleichwertig ist, muss sich der betreuende Elternteil in der Regel nicht am Barunterhalt beteiligen. Auf diese Weise ist gewährleistet, dass die Unterhaltslasten auf beide Elternteile angemessen verteilt sind. Ihr Vorschlag hätte dagegen zur Folge, dass die Hauptbelastung nach einer Trennung der betreuende Elternteil trüge. Dieser müsste dann nicht nur die Pflege und Erziehung des Kindes, sondern auch noch finanzielle Leistungen erbringen.

Allerdings kennt die Rechtsprechung bereits heute Ausnahmen von der alleinigen Barunterhaltspflicht eines Elternteiles, etwa wenn die Einkünfte des betreuenden Elternteils wesentlich höher als die des anderen Elternteils sind. Daneben können auch dann beide Elternteile zum Barunterhalt verpflichtet sein, wenn sie ein Wechselmodell praktizieren, also sich in der Betreuung des Kindes zu nahezu gleichen Anteilen abwechseln.

Die Wahrnehmung des persönlichen Kontakts mit dem Kind ist im Übrigen unmittelbarer Ausfluss der Verantwortung eines Elternteils und seines höchst-persönlichen Rechts auf Umgang. Die hierbei anfallenden Kosten hat der Unterhaltspflichtige im eigenen Interesse und im Interesse des Kindes grundsätzlich selbst aufzubringen. Zur Entlastung dient ihm das Kindergeld, das ihm im Verhältnis zu dem anderen sorgeberechtigten Elternteil hälftig zusteht und ihm durch die Anrechnung auf den Unterhaltsbedarf des Kindes grundsätzlich zu Gute kommt. Entgegen Ihrer Annahme können die Umgangskosten aber dann unterhaltsrechtlich berücksichtigt werden, wenn der Unterhaltspflichtige bei ohnehin beengten Einkommensverhältnissen dieser Kostenbelastung nicht gewachsen ist, so dass er sein Umgangsrecht nicht ausüben könnte.

Mit freundlichen Grüßen
Brigitte Zypries