Frage an Brigitte Pothmer von Christine Dr. R. bezüglich Arbeit und Beschäftigung
Sehr geehrte Frau Pothmer,
mit der Fachkräfteoffensive der Bundesregierung sollen u.a. die Potenziale Älterer stärker erschlossen werden, um die Wirtschaft Deutschlands trotz ungünstiger demografischer Entwicklung zu beleben. Die aktuelle Regelung für Frührentner steht leider damit nicht in Einklang. Alle Altersrentner, die noch nicht die Regelaltersgrenze erreicht haben, sind in ihren Hinzuverdienstmöglichkeiten drastisch eingeschränkt. Bei einer "Vollrente" beträgt die Hinzuverdienst-Grenze 400 €. Verdient man auch nur knapp darüber, wird die Rente nur noch zu 2/3 ausgezahlt (Teilrente).
Diese Regelung ist meiner Meinung nach ungerecht sowie wirtschaftlich und gesamtgesellschaftlich kontraproduktiv.
1. Mit dem lebenslangen Rentenabschlag von 0,3 % pro vorgezogenem Monat gibt es schon einen fairen Ausgleich bei Frühpensionierung. Wozu ist es gut, Frührentner davon abzuhalten, ihre Fähigkeiten im Rahmen ihrer Möglichkeiten einzusetzen?
2. Die Zuverdienstgrenze von 400 € wirkt als de-facto Arbeitsverbot. Damit werden der Wirtschaft potentielle Ressourcen gerade hoch qualifizierter und erfahrener älterer Fachkräfte entzogen, die sie dringend benötigt. Dem Staat gehen entsprechende Steuereinnahmen verloren.
2011 sollen Pläne in der Koalition in Diskussion gewesen sein, Frührentnern ein Zuverdienst bis zur Höhe des früheren Arbeitsverdienstes abzüglich Rente zu ermöglichen.
Siehe http://www.spiegel.de/wirtschaft/soziales/0,1518,742550,00.html
Was ist Ihr Standpunkt in dieser Frage? Was unternehmen Sie, um die Fachkräfteinitiative der Bundesregierung auch bezüglich der Integration von Frührentnern in den Arbeitsmarkt mit Leben zu erfüllen?
Ihrer Antwort sehe ich mit Spannung entgegen.
Mit freundlichen Grüßen
Dr. Christine Radomsky
Sehr geehrte Frau Dr. Radomsky,
herzlichen Dank für Ihr Schreiben zu den Hinzuverdienstgrenzen für Frührentner, auf das ich Ihnen gerne antworten möchte. Auch wir sehen die Hinzuverdienstmöglichkeiten für Frührentner kritisch. Wir wollen bestehende Beschränkungen ab- und Anreize für eine längere Lebensarbeitszeit aufbauen, damit Menschen, sofern sie dies wollen, über die Regelaltersgrenze hinaus teilweise oder voll arbeiten können. Es ist richtig, dass im Rahmen des Rentenpakets das BMAS auch den Vorschlag einer Kombirente vorgelegt hat. Demzufolge sollen alle Versicherten, die nach geltendem Recht eine vorgezogene Rente beziehen, in Zukunft neben ihrer Rente mehr hinzuverdienen dürfen. Den Plänen der Ministerin zufolge dürften Rente und Hinzuverdienst dann in Zukunft so hoch sein, wie das vorherige Arbeitseinkommen. Maßgeblich hierfür soll das höchste Arbeitseinkommen der letzten 15 Jahre sein.
Wir begrüßen es, wenn die Übergänge in den Ruhestand fließender gestaltet werden. Der eingeschlagene Weg ist aber voller Stolpersteine für die Versicherten. Die Beschränkung auf langjährig Versicherte und auf Personen ab 63 Jahren ist zu restriktiv. Dadurch werden gerade diejenigen, die es am nötigsten hätten, von der Möglichkeit ausgenommen. Durch die einkommensbezogenen Hinzuverdienstmöglichkeiten entsteht eine soziale Schieflage, da diejenigen mit hohen Einkommen mehr hinzuverdienen dürfen als jene mit niedrigen Einkommen. Zudem will die Bundesregierung die "Teilrenten" im Zuge dieser Reform abschaffen. Es wird nur noch volle vorgezogene Renten geben. Die Folge: Die ganze Rente wird mit Abschlägen belegt. In den ersten Jahren des Ruhestandes wird es für viele noch möglich sein, diese Lücke mit Hilfe von Erwerbsarbeit zu schließen. Im fortgeschrittenen Alter werden die Versicherten dann mit ihren reduzierten Renten auskommen müssen. Für die Rentenversicherung wird die Verwaltung der Zuverdienste zu einer anspruchsvollen und aufwendigen Angelegenheit werden.
Statt die Teilrente abzuschaffen, hätte die Möglichkeit, eine Teilrente zu beziehen, ausgebaut werden müssen. Die Verbesserung der Attraktivität der Teilrente ist wichtig für Menschen jenseits der Regelaltersgrenze, um einen längeren Verbleib in Erwerbstätigkeit zu ermöglichen. Wir fordern eine Teilrente ab dem 60. Lebensjahr bei Verringerung der Arbeitszeit, bei der die Beschäftigten weiterhin uneingeschränkt versichert sind und weiterhin Rentenansprüche aufbauen können. Die Hinzuverdienstmöglichkeiten sollen insbesondere für Geringverdienende verbessert werden.
Für Rückfragen und weitere Informationen steht Ihnen auch mein Kollege Wolfgang Strengmann-Kuhn, rentenpolitischer Sprecher der Grünen-Bundestagsfraktion, jederzeit gerne zur Verfügung.
Mit freundlichen Grüßen
Brigitte Pothmer