Frage an Brigitte Pothmer von Martin G. bezüglich Wirtschaft
Werter Frau Pothmer,
wie stehen Sie zu dem Europäischen Stabilitäts Mechanismus (ESM)?
Haben Sie sich das Vertragswerk erarbeitet?
Und wie stehen Sie dazu, dass die zu erschaffende Behörde von keinen demokratischen Kontrollinstanzen kontrolliert wird, also unantastbar ist?
Ich freu mich auf Ihre Antwort,
Martin Grellmann
Sehr geehrter Herr Grellmann,
haben Sie vielen Dank für Ihr Schreiben zum Europäischen Stabilitäts-Mechanismus (ESM). Sie äußern darin Ihre Auffassung, der ESM-Vertrag schaffe eine Institution außerhalb demokratischer Kontrolle. Dieser Meinung bin ich ausdrücklich nicht. Die Position meiner Fraktion zum ESM, die ich aus persönlicher Überzeugung teile, möchte ich Ihnen gerne darlegen.
Die Ereignisse in der Eurozone stellen uns alle vor enorme Herausforderungen. Die momentane Situation verdeutlicht, wie sehr die Volkswirtschaften Europas miteinander verflochten sind. Deutschland hat von der gemeinsamen Währung und dem gemeinsamen Binnenmarkt bislang stark profitiert. Wir Grünen wollen, dass dies auch in Zukunft der Fall sein wird und engagieren uns deshalb für eine solide, realistische und nachhaltige Lösung zur Überwindung der Eurokrise.
In der Einrichtung des dauerhaften Rettungsschirms ESM sehen wir einen zentralen Baustein für die dauerhafte Stabilisierung der Euro-Zone. Wir halten es für unbedingt notwendig, ein stabiles und glaubwürdiges Instrument zu schaffen, mit dem Euro-Staaten geholfen werden kann, die sich in einer Notlage befinden und am Markt keine bezahlbaren Kredite mehr bekommen. Ohne ein solches Instrument kann die Schieflage eines einzelnen Mitgliedstaates schnell zu einem Problem der gesamten Euro-Zone werden. Zudem ist ein handlungsfähiger ESM auch ein wichtiges Zeichen gegenüber den Finanzmärkten. Die Euro-Staaten machen damit deutlich, dass sich die Spekulation gegen einzelne Euro-Staaten nicht lohnt.
Die grüne Bundestagsfraktion beteiligt sich intensiv am Beratungsprozess zum ESM-Begleitgesetz und setzt sich weiter für eine starke Beteiligung des Deutschen Bundestags ein, wie sie auch das Bundesverfassungsgericht in seinem Urteil gefordert hat. Wir unterstützen den ESM, weil er ein zentrales Prinzip beinhaltet: Es gibt nur Hilfe gegen Auflagen. Diese Konditionierung bedeutet: Der ESM greift nur ein, wenn die hilfebedürftigen Mitgliedsstaaten vorab getroffene Vereinbarungen auch sicher einhalten. Außerdem werden die Kredite nur dann vergeben, wenn der Empfänger seine Schulden auch tatsächlich tragen kann. Das wird in einer sogenannten Schuldentragfähigkeitsanalyse überprüft. Überdies steht die Gewährleistungshöhe fest. Ein Fass ohne Boden ist der ESM auch deswegen nicht, weil die Summe der deutschen Gewährleistungen klar begrenzt ist. Über diese Summe entscheidet der Deutsche Bundestag und sie kann nicht überschritten werden.
Der ESM kann aber nur ein Baustein hin zu einer krisenfesten finanz-, haushalts- und wirtschaftspolitischen Zusammenarbeit in der EU sein. Gleichzeitig brauchen wir einen starken Stabilitäts- und Wachstumspakt mit klaren Regeln zur Vermeidung von übermäßiger Verschuldung, eine Wirtschafts- und Solidarunion, die Fehlentwicklungen in einzelnen Staaten und somit wirtschaftliche Ungleichgewichte zwischen den Euro-Staaten frühzeitig erkennt sowie eine Kultur finanzpolitischer Verantwortung. Dafür muss sich die Bundesregierung in Brüssel einsetzen – ohne Wenn und Aber.
Mit freundlichen Grüßen
Brigitte Pothmer