Frage an Brigitte Pothmer von Jürgen H. bezüglich Arbeit und Beschäftigung
Betr: Arbeit statt Arbeitslosigkeit finanzieren – Beschäftigung neu denken – einen sozialen Arbeitsmarkt für NRW voranbringen - Antrag der Regierungsfraktionen im NRW-Landtag/Drucksache 15/2211
Sehr geehrte Frau Pothmer,
wie ich erfahren habe, will die Landesregierung, ein Gesetz in den Bundesrat einbringen, dass zum Ziel hat, Langzeitarbeitarbeitslose mit Vermittlungshemmnissen, nach dem SGB IX als Behinderte einzustufen, um auch den lezten Leistungberechtigten im Alg II in Arbeit zu bringen. Ich selbst war Delegierter der nak und arbeite heute im Armutsnetzwerk mit. Auch die nak hat die Kürzunngen von Ministeri v. d. Leyen, auf den der Antrag bezug nimmt, heftig kritisiert.
Jetzt werden zwar die 1-Euro-Jobs abgeschafft, dafür sollen Langzeitarbeitslose als "sozial Behinderte" definiert und dann mit Sicherheit auch von den Jobcentern entsprechend behandelt werden.
Wie stehen Sie als arbeitsmarktpolitische Sprecherin von Bündnis 90/Die Grünen im Bundestag, zu dem Antrag ihrer KollegInnen der Landtagsfraktion NRW.
Mit freundlichen Grüßen
Jürgen Habich
www.armutsnetzwerk.de und Redaktion NETZEIT
Sehr geehrter Herr Habich,
haben Sie vielen Dank für Ihre Frage, die ich Ihnen gerne beantworte. Ich habe mich dafür auch mit meinen grünen Kolleginnen und Kollegen in Nordrhein-Westfalen kurzgeschlossen.
Ich glaube, dass hier ein kleines Missverständnis vorliegt, das ich hoffentlich aufklären helfen kann. Wir Grünen und auch die Grünen NRW fordern seit langem die Einrichtung eines Sozialen Arbeitsmarkts, der für Arbeitsuchende Beschäftigung und Teilhabe bietet, die sonst auf absehbare Zeit keine Chance auf dem Arbeitsmarkt haben. Dazu haben wir in Bund und Ländern in den letzten Jahren zahlreiche Initiativen vorgelegt.
Zur Finanzierung des Sozialen Arbeitsmarkt schlagen wir gemäß dem Motto "Arbeit statt Arbeitslosigkeit" die Einführung des sogenannten Passiv-Aktiv-Transfers (PAT) vor. Die Idee besteht kurz gesagt darin, das Arbeitslosengeld II, die Kosten der Unterkunft, die Sozialversicherungsbeiträge und andere Mittel zum einem echten Arbeitsentgelt im Sozialen Arbeitsmarkt zusammenzufassen.
Der von Ihnen angesprochene Antrag aus NRW schlägt ergänzend vor, das Entgelt als Beschäftigungszuschuss zu gestalten und sich bei dessen Festlegung an den bekannten Regelungen des Minderleistungsausgleichs zu orientieren. Das ist aber auf keinen Fall gleichzusetzen mit der Einstufung der Arbeitslosen als "sozial behinderte Menschen", dies entspricht ausdrücklich nicht unserer grünen Programmatik.
Es geht lediglich um das in der Praxis bewährte Modell zur Einschätzung einer möglichen Minderleistung und die daraus folgende Höhe des Beschäftigungszuschusses. Es tut uns leid, wenn dies in der gewählten Formulierung nicht eindeutig zum Ausdruck kommt.
Ich habe in den letzten Jahren die Erfahrung gemacht, dass viele Langzeitarbeitslose das Gefühl haben, nicht mehr dazu zugehören und unter der Situation sehr leiden. Der Soziale Arbeitsmarkt ist nicht dafür da, Arbeitsuchende zu einer Beschäftigung um der Beschäftigung willen zu zwingen. Es fehlt aber an einer verlässlichen Struktur für Arbeitslose, die ohne Unterstützung auf dem Arbeitsmarkt keine Chance haben. Für sie wollen wir den Sozialen Arbeitsmarkt als freiwilliges und vor allem verlässliches Angebot schaffen.
Wir kritisieren, dass die Koalition von Union und FDP in diesem Feld keine Verbesserungen auf den Weg gebracht hat und zudem durch die massiven Kürzungen bei der aktiven Arbeitsmarktpolitik auch andere Maßnahmen der Arbeitsförderung drastisch einschränkt. Wir fürchten, dass dadurch diejenigen, die einer besonders intensiven Unterstützung bedürfen, dauerhaft ausgegrenzt bleiben. Das entspricht in keinem Fall unseren grünen Ansprüchen.
Mit freundlichen Grüßen
Brigitte Pothmer