Frage an Brigitte Pothmer von Florian K. bezüglich Soziale Sicherung
Sehr geehrte Frau Pothmer,
warum ist der Abschluss von Berufsunfähigkeitsversicherungen in Deutschland dem beliebigen Ermessen der Versicherer freigestellt, anders, als es z.B. im Bereich der Krankenversicherung der Fall ist?
Menschen, die den entspr. Anforderungen der Versicherungen nicht hinreichend genügen, bekommen Berufsunfähigkeitsversicherungen nur zu schlechten Konditionen oder gar nicht, wie dieses Jahr wieder von Stiftung Warentest festgestellt wurde. Damit laufen sie im Fall einer tatsächlichen Berufsunfähigkeit Gefahr, mit einem sozialen Absturz rechnen zu müssen.
Ist es möglich, die Versicherer hier mehr in die Pflicht zu nehmen, wie es bei gesetzlichen KV der Fall ist?
Sehr geehrter Kraemer,
haben Sie vielen Dank für Ihre Anfrage. Bitte entschuldigen Sie, dass Sie wegen der Herbstferien ein wenig länger als sonst üblich auf eine Antwort warten mussten.
Seit 2001 ist die Absicherung gegen Berufsunfähigkeit nicht mehr Bestandteil der gesetzlichen Rentenversicherung (allerdings blieb es für Beschäftigte über damals 40 Jahren aus Vertrauensschutzgründen bei der bisherigen Regelung).
Grund für den Ausschluss der Berufsunfähigkeit war der Umstand, das hiervon insbesondere Versicherte profitierten, die über ein hohes Einkommen verfügten. Die Finanzierung der Ausgaben für diese Versicherung hingegen wurde auch von Versicherten mit kleinem Einkommen geleistet. Diese Umschichtung von unten nach oben fanden wir nicht gerechtfertigt.
Die Versicherung gegen Berufsunfähigkeit wurde daher in den Bereich der individuellen privaten Entscheidung gestellt, ohne dass die Versicherungsunternehmen verpflichtet wurden, Antragsteller aufnehmen zu müssen. Das unterscheidet diesen Schutz von der Krankenversicherung. Aber auch der bei der Krankenversicherung geltende sogenannte "Kontrahierungszwang" erlaubt es den Kassen, besondere Risiken nur zu besonderen Konditionen zu versichern. Genauso verhält es sich bei der Berufsunfähigkeit. Daher diskutieren wir zurzeit nicht, an den bestehenden Konditionen in diesem Versicherungsbereich etwas zu verändern.
Wir sehen aber auch, dass ein solches System gut informierte und selbstbestimmte Verbraucherinnen und Verbraucher voraussetzt. Deswegen unterstützen wir Grünen Einrichtungen wie die Verbraucherzentralen, die mit ihren Tests für mehr Transparenz sorgen und diejenigen Versicherungen stärken, die den VerbraucherInnen faire Angebote machen.
Wichtig ist, dass trotz dieser Änderung bei der Berufsunfähigkeit nach wie vor alle Versicherten gegen Erwerbsunfähigkeit durch die gesetzlichen Rentenversicherung abgesichert sind. Sie bekommen im Falle des Falles eine Erwerbsminderungsrente und damit den vollen Schutz der Solidargemeinschaft.
Mit freundlichen Grüßen
Brigitte Pothmer