Frage an Brigitte Pothmer von Pavel M. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen
Sehr geehrte Frau Pothmer,
könnte ich Ihre Stellung zu dem Thema "Sperrung der Internetseiten" erfahren?
Inzwischen hat die e-Petition "Internet - Keine Indizierung und Sperrung von Internetseiten" fast 100.000 Unterzeichner. Ich bin einer davon. Ich würde gern erfahren wie die Abgeordneten meines Wahlkreises zu diesem Thema stehen.
Mit freundlichen Grüßen,
Pavel Miller
Sehr geehrter Herr Miller,
das geplante Gesetz zur Sperrung von Internetseiten hat ja die Bekämpfung von Kinderpornographie zum Ziel. Diese Zielsetzung befürworten wir. Die Herstellung und Verbreitung von Kinderpornografie sind Straftaten, die effektiv und konsequent verfolgt werden müssen, auch im Internet. Auch der Besitz, die Besitzverschaffung und die Nachfrage nach Kinderpornografie stehen zu recht unter Strafe. Da die Nachfrage das Angebot nährt, ist auch der Gedanke nicht falsch, auch die Nutzer von Kinderpornografie nicht ungeschoren davonkommen zu lassen.
Der vorgelegte Gesetzentwurf erfüllt seinen Zweck – die Bekämpfung von Kinderpornographie – jedoch nur sehr begrenzt. Er hat jedoch erheblich Nebenwirkungen.
Der Gesetzentwurf der Bundesregierung setzt weder bei den Betreibern von Kinderpornographie-Seiten an, noch treffen die Sperren den harten Kern der Kinderporno-Konsumenten. Sexueller Missbrauch und die Herstellung kinderpornographischen Materials finden fast immer im privaten Umfeld statt, gestreut über Tauschbörsen, Fotos und Videos per Email oder schlicht per Post.
Nur ein geringer Teil verdient über kommerzielle Angebote im Netz ihr
Geld. Ein Großteil der Besucher dieser Seiten landet dort eher zufällig
nach Aufruf mehr oder weniger zwielichtigen Seiten. Ihnen droht, auch
bei Beachtung des Stoppsignals, strafrechtliche Verfolgung. Wegen der
Struktur der Kinderpornoszene und der Umgehbarkeit der Sperren droht die
Maßnahme somit mehr zufällig Anwesende als aktiv nach Kinderpornographie
Suchende zu treffen.
Die Erfahrungen mit Sperrlisten aus anderen Ländern warnen ebenfalls vor zahlreichen Fehlern.
Auch wir Grüne wollen, dass illegale Angebote im Netz gezielt unterbunden und verfolgt werden. Aber wir lehnen eine umfassende Kontrolle von Surfverhalten mittels solcher Sperrsysteme ab. Denn: Das Internet ist kein rechtsfreier Raum, auch hier gilt das Strafrecht. Aber es ist auch kein bürgerrechtsfreier Raum. Deshalb können wir das Gesetz in der vorliegenden Form nicht mittragen.
Für den gesamten Bereich der Bekämpfung von Sexuellem Missbrauch und Ausbeutung von Kindern gilt: alle Maßnahmen, die das Internet betreffen können nur flankierende Instrumente in einer nationalen und internationalen Strategie gegen die Kinderpornographie sein. Aufdeckung und Vermeidung von sexuellem Missbrauch und Ausbeutung, die Identifizierung der Opfer, deren Schutz und Rehabilitation, sowie die Strafverfolgung der Täter und ihrer Netzwerke sind dabei die zentralen Ansatzpunkte. Hier hat die Bundesregierung bislang versagt. Sie hat erfolgreiche, unter rot-grün begonnene Arbeit, wie den „Nationalen Aktionsplan zum Schutz von Kindern und Jugendlichen vor sexueller Gewalt und Ausbeutung“ nicht fortgesetzt und keine neuen Maßnahmen in diesem Bereich ergriffen.
Mit freundlichen Grüßen
Brigitte Pothmer